Statue „Theseus“ aus Eisenkunstguss
Die Statue:
Inv.-Nr. 3182
Höhe: 17,3 cm
Sockel: 15,2 x 9,1 cm
Diese Figurengruppe aus Eisenkunstguss zeigt eine Szene aus der griechischen Mythologie. Der Held Theseus ist im Begriff einen am Boden liegenden Kentauren mit einer Keule zu erschlagen. Kentauren waren mythische Wesen, die man sich zur Hälfte als Mensch und zur Hälfte als Pferd dachte. Die Dramatik des Moments ist durch die Dynamik der Figuren für den Betrachtenden spürbar.
Durch die wunderbare grüne Fassung hebt sich die Statuette deutlich von anderen Objekten aus Eisenkunstguss ab. Bemerkenswert ist auch die hervorragende Qualität des Gusses.
Die Herkunft:
Gegossen wurde diese außergewöhnliche Figurengruppe aller Wahrscheinlichkeit nach in der Königlich-Preußischen Eisengießerei Berlin (KPEG). Der Eisenkunstguss erlebte einen massiven Aufschwung zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Politisch prägten Europa in dieser Zeit die Napoleonischen Kriege. Dieser Umstand brachte auch eine Weiterentwicklung bei der Herstellung von geschmolzenem Eisen. So wurde nicht nur der maschinelle Eisenguss verbessert, sondern auch der Eisenkunstguss. Anfang des 19. Jahrhunderts nahmen zahlreiche Eisengießereien den Betrieb auf, so auch die Königlich-Preußische Eisengießerei in Berlin im Jahr 1804. Im Revolutionsjahr 1848 kam es im März zu einem Brand auf dem Werksgelände und vieles musste wieder aufgebaut werden. Dabei kam es auch zum Verlust von Zeichnungen und Vorlagen. In den folgenden Jahren erlebte die Königlich-Preußische Eisengießerei Berlin ihre Hochblüte. Eine Vielzahl von gusseisernen Objekten prägten nicht nur die Wohnungen und Häuser der Leute, sondern auch das Berliner Stadtbild. Meisterwerke wie den „wachenden“ und den „schlafenden“ Löwen im Eingangsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und Wohnungswesen kann man heute noch bewundern. Auch der filigrane Schmuck aus Eisenkunstguss aus Berlin sucht bis heute seinesgleichen. Man nennt diese zarten Schmuckstücke auch „fer de Berlin“. Weitere berühmte Beispiele für die große Kunstfertigkeit der Berliner Eisengießer sind zwei Säulen, einmal die so genannte „Amazonensäule“ und „Germanensäule“. Beide Objekte kann man sowohl in der Schell Collection in Graz als auch im Louvre in Paris bewundern.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hielten viele ein Unternehmen, welches unter der Leitung des Herrscherhauses stand, für überholt. Am 31. März 1873 beschloss der damalige Kaiser Wilhelm I. die Schließung der Königlich-Preußischen Eisengießerei Berlin und die letzten Objekten wurden am 5. Jänner 1874 hergestellt. Geblieben sind die wunderschönen Güsse wie die Figurengruppe mit Theseus und dem Kentauren, die an die Glanzzeiten des preußischen Eisenkunstgusses erinnern.
Der Mythos:
Theseus zählt zu den bekanntesten Helden der griechischen Mythologie. Sein Leben und seine Taten wurden durch viele antike Autoren überliefert. Der Kampf von Theseus gegen die Kentauren fällt in die Mitte seines Lebens, allerdings hatte der Held bereits zuvor zahlreiche Abenteuer bestanden. Aufgewachsen bei seiner Mutter und seinem Großvater, zog Theseus als Jüngling los um seinen Vater zu suchen. Dieser hieß Aigeus und war niemand geringerer als der König von Athen. Auf dem Weg dorthin hatte der junge Theseus einige Gefahren zu überwinden wie Wegelagerer, Räuber sowie wilde Tiere. Der Held kam glücklich und unbeschadet in Athen an, allerdings konnte er das Wiedersehen mit seinem Vater nur kurz genießen. Bald darauf vollbrachte Theseus seine berühmteste Tat – die Tötung des Minotauros. Athen war zu jener Zeit dem kretischen König Minos tributpflichtig. Doch nicht Gold oder Nahrungsmittel verlangte Minos: Alle 9 Jahre mussten 7 Jünglinge und 7 Jungfrauen als Opfer für den Minotauros nach Kreta gebracht werden. Der Minotauros war ein Ungeheuer, das den Kopf eines Stieres und den Körper eines Menschen hatte. Minos hatte das Monster in ein Labyrinth gesperrt, wo man ihm die unglücklichen Opfer zum Fraß vorwarf. Theseus meldet sich nun freiwillig und segelte nach Kreta, um dem ein Ende zu setzen. Mit Hilfe der Königstochter Ariadne, die sich in den Helden verliebte, gelang ihm es auch. Das Mädchen gab ihm einen Faden, der ihn aus dem Labyrinth wieder herausführen sollte. Nach seiner Tat floh Theseus mit Ariadne und den geretteten Opfern. Zu seinem Bedauern musste der Held seine geliebte Ariadne auf der Insel Naxos zurücklassen, denn der Gott Dionysos hatte Ansprüche auf das Mädchen erhoben.
Nach seiner Rückkehr nach Athen musste Theseus erfahren, dass sein Vater gestorben war. Schweren Herzen bestieg er nun den Thron von Athen und der Mythos erzählt von einigen Reformen auf politischer Ebene, die auf den Helden zurückgehen. In dieser Zeit lernte Theseus auch Peirithoos kennen, der sein Freund und Kampfgenosse wurde. Bei der Hochzeit von Peirithoos und Hippodameia waren nicht nur Familie und Freunde wie Theseus sondern auch einige Kentauren eingeladen. Diese Wesen sind halb Mensch, halb Pferd und repräsentieren in der Mythologie die wilde, ungezügelte Natur. Die Kentauren betranken sich mit Wein und planten die Braut und andere schöne Mädchen von der Hochzeit zu entführen. Daraufhin kam es zum Kampf. Theseus erschlug viele der Kentauren und eben genau so einen Moment zeigt die Figurengruppe aus Eisenkunstguss. Theseus schwingt eine Keule – diese hatte er in jungen Jahren einem Wegelagerer abgenommen – hoch über den Kopf und hält den am Boden liegenden Kentauren mit Hand und Knie fest. In der Kunst und Literatur wird der Kampf von Theseus gegen die Kentauren als „Kentauromachie“ bezeichnet und wurde vielfach rezipiert. Eine der berühmtesten Darstellung dieses Mythos ist jene auf dem Fries des Parthenon-Tempels auf der Akropolis in Athen.
Theseus begab sich nach seinem Kampf gegen die Kentauren auf Brautschau und gelangte sogar in die Unterwelt, wo er lange Zeit gefangen war. Erst Herakles befreite Theseus von dort. So kehrte der Held erst nach einigen Jahren nach Athen zurück. Dort hatte sich ein anderer zum König aufgeschwungen und Theseus ging ins Exil auf die Insel Skyros. Das Ende des Helden ist unrühmlich, denn er wurde vom König von Skyros von einer Klippe in den Tod gestürzt.
Theseus war nicht nur für seine Heldentaten berühmt, sondern soll während seiner Zeit als König auch politische Reformen durchgeführt haben wie die Zusammenführung von Athen mit den umliegenden Gemeinden (Synoikismos). Weiters wird Theseus als Initiator der Isthmischen Spiele in den Quellen genannt. Diese zählen gemeinsamen mit den Olympischen, den Pythischen und den Nemeaischen Spielen zu den vier großen Wettkampfveranstaltungen (Panhellenische Spiele) im antiken Griechenland. Die Isthmischen Spiele fanden im antiken Korinth zu Ehren des Gottes Poseidon statt.
Das Vorbild:
Wie so häufig bei Objekten aus Eisenkunstguss gibt es auch für diese Statuette eine berühmte Vorlage. Es handelt sich um eine Marmorstatue, die den Titel „Theseus besiegt den Zentauren“ trägt. Das Kunstwerk stammt von Antonio Canova (1757-1822) und der Auftrag dazu kam von niemand geringerem als Napoleon Bonaparte. Die Figurengruppe symbolisiert den Sieg des Intellekts und der Vernunft über die wilde Seite des menschlichen Verstandes. Die Statue wurde einige Zeit später von Kaiser Franz I. von Österreich gekauft und zierte den Theseus-Tempel im Wiener Volksgarten. Heute kann man die beeindruckende Arbeit von Canova im Kunsthistorischen Museum Wien bewundern.
Text: Mag. Verena Lang
Literatur:
Bartel, Elisabeth: Die Königliche Eisengießerei – Ein Kapitel Berliner Kulturgeschichte. Berliner Eisen. Die Königliche Eisengießerei Berlin. Zur Geschichte eines preußischen Unternehmens, Hrsg. Charlotte Schreiter und Albrecht Pyritz. Berlin – 2007. S. 13-26.
Kerényi, Karl: Die Mythologie der Griechen. Band 2, Die Heroen-Geschichten. München – 2004. S. 175-196.
Tripp, Edward: Reclams Lexikon der antiken Mythologie. Stuttgart – 2012. S. 509-518.
Statue „Theseus“ aus Eisenkunstguss
Die Statue:
Inv.-Nr. 3182
Höhe: 17,3 cm
Sockel: 15,2 x 9,1 cm
Diese Figurengruppe aus Eisenkunstguss zeigt eine Szene aus der griechischen Mythologie. Der Held Theseus ist im Begriff einen am Boden liegenden Kentauren mit einer Keule zu erschlagen. Kentauren waren mythische Wesen, die man sich zur Hälfte als Mensch und zur Hälfte als Pferd dachte. Die Dramatik des Moments ist durch die Dynamik der Figuren für den Betrachtenden spürbar.
Durch die wunderbare grüne Fassung hebt sich die Statuette deutlich von anderen Objekten aus Eisenkunstguss ab. Bemerkenswert ist auch die hervorragende Qualität des Gusses.
Die Herkunft:
Gegossen wurde diese außergewöhnliche Figurengruppe aller Wahrscheinlichkeit nach in der Königlich-Preußischen Eisengießerei Berlin (KPEG). Der Eisenkunstguss erlebte einen massiven Aufschwung zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Politisch prägten Europa in dieser Zeit die Napoleonischen Kriege. Dieser Umstand brachte auch eine Weiterentwicklung bei der Herstellung von geschmolzenem Eisen. So wurde nicht nur der maschinelle Eisenguss verbessert, sondern auch der Eisenkunstguss. Anfang des 19. Jahrhunderts nahmen zahlreiche Eisengießereien den Betrieb auf, so auch die Königlich-Preußische Eisengießerei in Berlin im Jahr 1804. Im Revolutionsjahr 1848 kam es im März zu einem Brand auf dem Werksgelände und vieles musste wieder aufgebaut werden. Dabei kam es auch zum Verlust von Zeichnungen und Vorlagen. In den folgenden Jahren erlebte die Königlich-Preußische Eisengießerei Berlin ihre Hochblüte. Eine Vielzahl von gusseisernen Objekten prägten nicht nur die Wohnungen und Häuser der Leute, sondern auch das Berliner Stadtbild. Meisterwerke wie den „wachenden“ und den „schlafenden“ Löwen im Eingangsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und Wohnungswesen kann man heute noch bewundern. Auch der filigrane Schmuck aus Eisenkunstguss aus Berlin sucht bis heute seinesgleichen. Man nennt diese zarten Schmuckstücke auch „fer de Berlin“. Weitere berühmte Beispiele für die große Kunstfertigkeit der Berliner Eisengießer sind zwei Säulen, einmal die so genannte „Amazonensäule“ und „Germanensäule“. Beide Objekte kann man sowohl in der Schell Collection in Graz als auch im Louvre in Paris bewundern.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hielten viele ein Unternehmen, welches unter der Leitung des Herrscherhauses stand, für überholt. Am 31. März 1873 beschloss der damalige Kaiser Wilhelm I. die Schließung der Königlich-Preußischen Eisengießerei Berlin und die letzten Objekten wurden am 5. Jänner 1874 hergestellt. Geblieben sind die wunderschönen Güsse wie die Figurengruppe mit Theseus und dem Kentauren, die an die Glanzzeiten des preußischen Eisenkunstgusses erinnern.
Der Mythos:
Theseus zählt zu den bekanntesten Helden der griechischen Mythologie. Sein Leben und seine Taten wurden durch viele antike Autoren überliefert. Der Kampf von Theseus gegen die Kentauren fällt in die Mitte seines Lebens, allerdings hatte der Held bereits zuvor zahlreiche Abenteuer bestanden. Aufgewachsen bei seiner Mutter und seinem Großvater, zog Theseus als Jüngling los um seinen Vater zu suchen. Dieser hieß Aigeus und war niemand geringerer als der König von Athen. Auf dem Weg dorthin hatte der junge Theseus einige Gefahren zu überwinden wie Wegelagerer, Räuber sowie wilde Tiere. Der Held kam glücklich und unbeschadet in Athen an, allerdings konnte er das Wiedersehen mit seinem Vater nur kurz genießen. Bald darauf vollbrachte Theseus seine berühmteste Tat – die Tötung des Minotauros. Athen war zu jener Zeit dem kretischen König Minos tributpflichtig. Doch nicht Gold oder Nahrungsmittel verlangte Minos: Alle 9 Jahre mussten 7 Jünglinge und 7 Jungfrauen als Opfer für den Minotauros nach Kreta gebracht werden. Der Minotauros war ein Ungeheuer, das den Kopf eines Stieres und den Körper eines Menschen hatte. Minos hatte das Monster in ein Labyrinth gesperrt, wo man ihm die unglücklichen Opfer zum Fraß vorwarf. Theseus meldet sich nun freiwillig und segelte nach Kreta, um dem ein Ende zu setzen. Mit Hilfe der Königstochter Ariadne, die sich in den Helden verliebte, gelang ihm es auch. Das Mädchen gab ihm einen Faden, der ihn aus dem Labyrinth wieder herausführen sollte. Nach seiner Tat floh Theseus mit Ariadne und den geretteten Opfern. Zu seinem Bedauern musste der Held seine geliebte Ariadne auf der Insel Naxos zurücklassen, denn der Gott Dionysos hatte Ansprüche auf das Mädchen erhoben.
Nach seiner Rückkehr nach Athen musste Theseus erfahren, dass sein Vater gestorben war. Schweren Herzen bestieg er nun den Thron von Athen und der Mythos erzählt von einigen Reformen auf politischer Ebene, die auf den Helden zurückgehen. In dieser Zeit lernte Theseus auch Peirithoos kennen, der sein Freund und Kampfgenosse wurde. Bei der Hochzeit von Peirithoos und Hippodameia waren nicht nur Familie und Freunde wie Theseus sondern auch einige Kentauren eingeladen. Diese Wesen sind halb Mensch, halb Pferd und repräsentieren in der Mythologie die wilde, ungezügelte Natur. Die Kentauren betranken sich mit Wein und planten die Braut und andere schöne Mädchen von der Hochzeit zu entführen. Daraufhin kam es zum Kampf. Theseus erschlug viele der Kentauren und eben genau so einen Moment zeigt die Figurengruppe aus Eisenkunstguss. Theseus schwingt eine Keule – diese hatte er in jungen Jahren einem Wegelagerer abgenommen – hoch über den Kopf und hält den am Boden liegenden Kentauren mit Hand und Knie fest. In der Kunst und Literatur wird der Kampf von Theseus gegen die Kentauren als „Kentauromachie“ bezeichnet und wurde vielfach rezipiert. Eine der berühmtesten Darstellung dieses Mythos ist jene auf dem Fries des Parthenon-Tempels auf der Akropolis in Athen.
Theseus begab sich nach seinem Kampf gegen die Kentauren auf Brautschau und gelangte sogar in die Unterwelt, wo er lange Zeit gefangen war. Erst Herakles befreite Theseus von dort. So kehrte der Held erst nach einigen Jahren nach Athen zurück. Dort hatte sich ein anderer zum König aufgeschwungen und Theseus ging ins Exil auf die Insel Skyros. Das Ende des Helden ist unrühmlich, denn er wurde vom König von Skyros von einer Klippe in den Tod gestürzt.
Theseus war nicht nur für seine Heldentaten berühmt, sondern soll während seiner Zeit als König auch politische Reformen durchgeführt haben wie die Zusammenführung von Athen mit den umliegenden Gemeinden (Synoikismos). Weiters wird Theseus als Initiator der Isthmischen Spiele in den Quellen genannt. Diese zählen gemeinsamen mit den Olympischen, den Pythischen und den Nemeaischen Spielen zu den vier großen Wettkampfveranstaltungen (Panhellenische Spiele) im antiken Griechenland. Die Isthmischen Spiele fanden im antiken Korinth zu Ehren des Gottes Poseidon statt.
Das Vorbild:
Wie so häufig bei Objekten aus Eisenkunstguss gibt es auch für diese Statuette eine berühmte Vorlage. Es handelt sich um eine Marmorstatue, die den Titel „Theseus besiegt den Zentauren“ trägt. Das Kunstwerk stammt von Antonio Canova (1757-1822) und der Auftrag dazu kam von niemand geringerem als Napoleon Bonaparte. Die Figurengruppe symbolisiert den Sieg des Intellekts und der Vernunft über die wilde Seite des menschlichen Verstandes. Die Statue wurde einige Zeit später von Kaiser Franz I. von Österreich gekauft und zierte den Theseus-Tempel im Wiener Volksgarten. Heute kann man die beeindruckende Arbeit von Canova im Kunsthistorischen Museum Wien bewundern.
Text: Mag. Verena Lang
Literatur:
Bartel, Elisabeth: Die Königliche Eisengießerei – Ein Kapitel Berliner Kulturgeschichte. Berliner Eisen. Die Königliche Eisengießerei Berlin. Zur Geschichte eines preußischen Unternehmens, Hrsg. Charlotte Schreiter und Albrecht Pyritz. Berlin – 2007. S. 13-26.
Kerényi, Karl: Die Mythologie der Griechen. Band 2, Die Heroen-Geschichten. München – 2004. S. 175-196.
Tripp, Edward: Reclams Lexikon der antiken Mythologie. Stuttgart – 2012. S. 509-518.