„Sieben fünf drei – Rom schlüpft aus dem Ei.“ Diesen Spruch kennen einige noch aus der Schulzeit. Wenn man der Legende über die Gründung von Rom Glauben schenkt, dann wäre dieses Ereignis am 21. April 753 v. Chr. geschehen. Diese Datierung stammt von Varro, einem Geschichtsschreiber des 1. Jhs. v. Chr.[1] An diesem Tag soll die mythische Gestalt Romulus den Grundstein für Rom gelegt haben. Doch ohne die Hilfe einer Wölfin wäre diese Tat gar nicht möglich gewesen. Warum das so ist, was Romulus sonst noch getan hat und aus welcher Zeit die ersten Siedlungsspuren in Rom wirklich stammen, das wird im Februar das Thema sein. Passend dazu ist das Objekt des Monats ein römisches Exponat. Es handelt sich um eine Schlüsselprotome aus Bronze in Form eines Wolfes oder einer Wölfin. Was eine Protome ist, wollen Sie wissen? Keine Sorge, auch diese Frage wird beantwortet werden.
Was versteht man unter einer Protome?
Beginnen wir im Februar ausnahmsweise nicht mit der Beschreibung des Objekts, sondern mit dessen Bezeichnung. In der Kunstgeschichte wird der Begriff „Protome“ verwendet, um den vorderen Teil eines Tieres oder den Oberteil eines Menschen zu bezeichnen. Es kann sich aber auch nur um den Kopf handeln.[2] Das Wort stammt aus dem Alt-Griechischen und bedeutete ursprünglich „Tiergesicht“.[3] Nicht nur im antiken Rom, sondern bereits in früheren antiken Kulturen findet man Protome unterschiedlichster Art. Meistens dienen Protome als Dekoration von Alltags- oder Kultgegenständen, aber auch an Gebäuden.[4]
Nachdem nun die Frage beantwortet ist, was eine Protome ist, wenden wir uns dem Objekt selbst zu.
Das Objekt
Inv.-Nr. 390, Länge: 7,40 cm
Das Exponat zeigt den vorderen Teil eines Wolfes, der als Griff eines Schlüssels gedient hat. Der Schlüssel ist allerdings nicht erhalten geblieben. Das Tier liegt und der Kopf ruht auf einem nicht eindeutig zu identifizierenden Objekt. Möglicherweise handelt es sich um ein Beutetier oder ein Stück Fleisch. Die Pfoten des Wolfes halten es fest. Die Ohren sind zurückgelegt und dahinter sieht man eine Art Halsband. Das Wolfsfell ist gut zu erkennen. Der Oberkörper verläuft in eine Art Blütenkelch, der wiederum in den Schlüssel übergegangen ist. Die Protome ist aus Bronze angefertigt und innen hohl.
Seit 1989 befindet sich das Objekt in der Schell Collection und kann im 1. Stock besichtigt werden.
Die Gründungssage von Rom
Wenn die Namen Romulus und Remus fallen, dann verbinden das viele sofort mit der Stadt Rom. Romulus gilt als der legendäre Gründer von Rom. Zahlreiche antike Quellen erzählen von den beiden berühmten Zwillingsbrüdern. Die geläufigste Variante des Mythos über die Gründung von Rom stammt von Fabius Pictor, einem römischen Geschichtsschreiber des 3. Jh. v. Chr., in der auch eine Wölfin eine Rolle spielt. Diese wurde dann von Titus Livius in seinem Werk „Römische Geschichte“ aufgegriffen. Diese trägt auch den Titel „Ab urbe condita“, was übersetzt „Von der Gründung der Stadt an“ bedeutet.[5] Im 1. Buch wird die Geschichte von Romulus und Remus erzählt: Von ihrer Abstammung von dem Kriegsgott Mars über die Rettung durch die Wölfin bis hin zum Streit zwischen den Zwillingen. [6]
Die Erzählung beginnt mit Numitor, dem König von Alba Longa. Diese Stadt lag im Gebiet Latium, in welchem heute auch Rom liegt. Numitor wurde von seinem jüngeren Bruder Amulius entmachtet und vertrieben. Die Tochter von Numitor, Rhea Silvia, zwang man eine Priesterin der Göttin Vesta zu werden. Diese waren zur Jungfräulichkeit verpflichtet. So musste Amulius keine Nachkommen des Numitor fürchten. Aber wie so oft im Leben ging dieser Plan nicht auf. Mars, der römische Gott des Krieges, war auf die schöne Rhea Silvia aufmerksam geworden. Er zeugte mit der Priesterin zwei Kinder: die Zwillingsbrüder Romulus und Remus. Das Schicksal meinte es nicht gut mit Rhea Silvia. Da sie gegen das Keuschheitsgelübde verstoßen hatte, wurde die Priesterin hingerichtet. Ihre beiden Söhne setzte man in der Wildnis aus.[7]
Nun kommt die Wölfin ins Spiel. Der Wolf galt bereits im antiken Griechenland als Tier des Kriegsgottes Ares. Da die römische Glaubensvorstellung vieles von der griechischen übernommen hatte, übertrug man dieses Tier auf den römischen Kriegsgott Mars. Doch kommen wir zurück zu Romulus und Remus. Die ausgesetzten Zwillinge wurden von einer Wölfin gefunden und gesäugt. [8] Noch heute zeugt ein Kunstwerk aus vergangenen Jahrhunderten von diesem Teil der Erzählung: „Die Kapitolinische Wölfin“. Die Bronzeskulptur zeigt die Wölfin mit Romulus und Remus und steht heute im Kapitolinischen Museum in Rom. Eine Kopie davon kann man an der Nordwand des Senatorenpalastes auf dem Kapitolhügel in Rom sehen.
Meistens ist der Wolf in Fabeln und Märchen eher als der Bösewicht mit vielen negativen Eigenschaften dargestellt. In der Gründungssage von Rom verhält es sich ganz anders. Hier erscheint die Wölfin als Retterin des zukünftigen Gründers der „Ewigen Stadt“.[9]
Doch wie ging es mit Romulus und Remus weiter? Ein Hirte namens Faustulus fand die beiden Kinder und zog sie groß. Die Zwillinge holten ihren Großvater Numitor aus der Verbannung zurück und töteten Amulius. Danach begannen Romulus und Remus damit eine eigene Stadt zu bauen. Soweit so gut und bislang hatte Harmonie zwischen den Zwillingen geherrscht. Doch das sollte sich nun ändern – es kam zum Streit. Die Gründe werden in den Erzählungen unterschiedlich angegeben. Am geläufigsten ist jene, dass Remus sich über die Mauer, die Romulus errichtet hatte, lustig machte. Im Zorn tötete Romulus seinen Bruder und baute die Stadt alleine weiter. Sie sollte seinen Namen tragen und wurde in der Antike „Roma“ genannt. Romulus wurde der erste der 7 legendären Könige von Rom. Unter seiner Herrschaft soll es zur Einführung der grundlegenden staatlichen Einrichtungen gekommen sein.[10]
Nach diesem Ausflug in die Welt von Romulus, Remus und der Wölfin steht noch die Frage im Raum, ab wann Rom wirklich in der Geschichte auftauchte? Und deckt sich dieser Zeitpunkt mit dem Datum der Gründungssage?
Heute ist Rom die Hauptstadt von Italien mit ca. 2,8 Mio. EinwohnerInnen. Die Stadt am Tiber hat im Lauf ihrer Geschichte schon viele Beinamen getragen wie „Die Ewige Stadt“, „Caput Mundi“ („Haupt der Welt“) oder „Stadt auf den Sieben Hügeln“. Und genau auf einem dieser Hügel wird es im 9. Jh. v. Chr. lebendiger. Die Volksgruppe der Latiner gründet auf dem Hügel Palatin eine Siedlung. Heute grenzt der Hügel an das antike Forum Romanum und den berühmten Circus Maximus. Andere Volksgruppen finden auf anderen Hügeln ein Zuhause wie z.B. die Sabiner auf dem Esquilin und dem Quirinal. Einige Forscher datierten die ersten Siedlungsspuren auf den Hügeln Rom schon früher, teilweise bis ins 16. Jh. v. Chr. Zwischen den berühmten 7 Hügeln von Rom befand sich nämlich in dieser Zeit ein Sumpfgebiet. Dieses wurde erst später durch die berühmte „Cloaca Maxima“, ein Teil des römischen Kanalsystems, trockengelegt. Aus diesem Grund mussten die Menschen mit den Hügeln vorliebnehmen. Die BewohnerInnen der verschiedenen Hügel begannen nach und nach näher zusammenzurücken. In der 2. Hälfte des 7. Jhs. v. Chr. existierte dann eine Stadtgrenze, die als „pomerium“ bezeichnet wurde. Soziale und politische Einrichtungen hatte man sowohl von den griechischen Kolonien in Italien, aber auch von den Etruskern übernommen. Dieses Volk siedelte in dem Gebiet zwischen den Flüssen Tiber und Arno. Im 7. und 6. Jh. v. Chr. waren die zwölf Städte der Etrusker die vorherrschende Macht. Auch der Name „Rom“ leitete sich vom Namen der etruskischen Familie der Ruma ab.[11]
Wie bereits erwähnt gilt Romulus als der erste der legendären 7 Könige von Rom. Allerdings ist hier keine Rede von gesicherten historischen Fakten. Die schriftlichen Quellen sind spärlich und auch nur aus späteren Jahrhunderten überliefert. Man bezeichnet die Zeit zwischen 750-510 v. Chr. dennoch als „Königszeit“. Der römische König trug den Titel „rex“, ein Begriff der auch heute noch geläufig ist. Die Zeit der 7 römischen Könige endet mit Tarquinius Superbus, der vom eigenen Volk vertrieben wurde. Im Anschluss folgte die Römischen Republik in der Geschichte von Rom. Doch an dieser Stelle ist es Zeit, die Ewige Stadt, die Zwillinge Romulus und Remus sowie die Wölfin vorerst zu verlassen.[12]
In der Schell Collection kann man zwar nicht die „Kapitolinische Wölfin“ bestaunen, aber auch die Schlüssel, Protome und Vorhangschlösser aus der römischen Epoche sind einen Besuch im Museum wert.
Text: Mag. Verena Lang
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1-4: Schell Collection, Verena Lang
Abb. 5-6 Privatarchiv V. Lang
Literaturverzeichnis
Andresen, C.: Rom. In: Lexikon der Alten Welt, Bd. 3. Artemis Verlag – Zürich/München – 1990. Sp. 2633-2673
Classen, C. J.: Romsage. In: Lexikon der Alten Welt, Bd. 3. Artemis Verlag – Zürich/München – 1990.
Fuhrmann, Manfred: Livius. In: Der kleine Pauly – Lexikon der Antike in fünf Bänden, Hrsg. Konrat Ziegler und Walther Sontheimer, Bd.3. Verlag J.B. Metzler – Stuttgart/Weimar – 2013. Sp. 689-698.
Gardner, Jane: Römische Mythen. Eine Einführung. Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG – Stuttgart – 2016.
Gmoll, Wilhelm: Griechisch-deutsches Schul- und Handwörterbuch. 9. Aufl. Oldenbourg Verlag – München – o.J.
Hartmann, P.W.: Kunstlexikon. o.O. – o.J.
Kinder, Hermann und Hilgemann, Werner: dtv-Atlas Weltgeschichte, Bd. 1, 37. Aufl. Deutscher Taschenbuch Verlag – München – 2004.
Kretschmer, Hildegard: Lexikon der Symbole und Attribute in der Kunst, 3. Aufl. Philipp Reclam jun. GmbH & Co KG – Sitzingen – 2019.
Radke, Gerhard: Romulus. In: Der kleine Pauly – Lexikon der Antike in fünf Bänden, Hrsg. Konrat Ziegler und Walther Sontheimer, Bd. 4. Verlag J.B. Metzler – Stuttgart/Weimar – 2013. Sp. 1455-1456.
Reinhardt, Volker: Geschichte Roms. Von der Antike bis zur Gegenwart. Verlag C.H. Beck oHG – München – 2008.
Onlinequellen
Titus Livius: Römische Geschichte. Übersetzt mit kritischen und erklärenden Anmerkungen von Konrad Heusinger. Braunschweig – 1821. Online abgerufen: https://www.projekt-gutenberg.org/livius/roemisch/root.html am 18. Jänner 2023.
Die Wölfin und die Zwillinge
Eine römische Schlüsselprotome aus Bronze
„Sieben fünf drei – Rom schlüpft aus dem Ei.“ Diesen Spruch kennen einige noch aus der Schulzeit. Wenn man der Legende über die Gründung von Rom Glauben schenkt, dann wäre dieses Ereignis am 21. April 753 v. Chr. geschehen. Diese Datierung stammt von Varro, einem Geschichtsschreiber des 1. Jhs. v. Chr.[1] An diesem Tag soll die mythische Gestalt Romulus den Grundstein für Rom gelegt haben. Doch ohne die Hilfe einer Wölfin wäre diese Tat gar nicht möglich gewesen. Warum das so ist, was Romulus sonst noch getan hat und aus welcher Zeit die ersten Siedlungsspuren in Rom wirklich stammen, das wird im Februar das Thema sein. Passend dazu ist das Objekt des Monats ein römisches Exponat. Es handelt sich um eine Schlüsselprotome aus Bronze in Form eines Wolfes oder einer Wölfin. Was eine Protome ist, wollen Sie wissen? Keine Sorge, auch diese Frage wird beantwortet werden.
Was versteht man unter einer Protome?
Beginnen wir im Februar ausnahmsweise nicht mit der Beschreibung des Objekts, sondern mit dessen Bezeichnung. In der Kunstgeschichte wird der Begriff „Protome“ verwendet, um den vorderen Teil eines Tieres oder den Oberteil eines Menschen zu bezeichnen. Es kann sich aber auch nur um den Kopf handeln.[2] Das Wort stammt aus dem Alt-Griechischen und bedeutete ursprünglich „Tiergesicht“.[3] Nicht nur im antiken Rom, sondern bereits in früheren antiken Kulturen findet man Protome unterschiedlichster Art. Meistens dienen Protome als Dekoration von Alltags- oder Kultgegenständen, aber auch an Gebäuden.[4]
Nachdem nun die Frage beantwortet ist, was eine Protome ist, wenden wir uns dem Objekt selbst zu.
Das Objekt
Inv.-Nr. 390, Länge: 7,40 cm
Das Exponat zeigt den vorderen Teil eines Wolfes, der als Griff eines Schlüssels gedient hat. Der Schlüssel ist allerdings nicht erhalten geblieben. Das Tier liegt und der Kopf ruht auf einem nicht eindeutig zu identifizierenden Objekt. Möglicherweise handelt es sich um ein Beutetier oder ein Stück Fleisch. Die Pfoten des Wolfes halten es fest. Die Ohren sind zurückgelegt und dahinter sieht man eine Art Halsband. Das Wolfsfell ist gut zu erkennen. Der Oberkörper verläuft in eine Art Blütenkelch, der wiederum in den Schlüssel übergegangen ist. Die Protome ist aus Bronze angefertigt und innen hohl.
Seit 1989 befindet sich das Objekt in der Schell Collection und kann im 1. Stock besichtigt werden.
Die Gründungssage von Rom
Wenn die Namen Romulus und Remus fallen, dann verbinden das viele sofort mit der Stadt Rom. Romulus gilt als der legendäre Gründer von Rom. Zahlreiche antike Quellen erzählen von den beiden berühmten Zwillingsbrüdern. Die geläufigste Variante des Mythos über die Gründung von Rom stammt von Fabius Pictor, einem römischen Geschichtsschreiber des 3. Jh. v. Chr., in der auch eine Wölfin eine Rolle spielt. Diese wurde dann von Titus Livius in seinem Werk „Römische Geschichte“ aufgegriffen. Diese trägt auch den Titel „Ab urbe condita“, was übersetzt „Von der Gründung der Stadt an“ bedeutet.[5] Im 1. Buch wird die Geschichte von Romulus und Remus erzählt: Von ihrer Abstammung von dem Kriegsgott Mars über die Rettung durch die Wölfin bis hin zum Streit zwischen den Zwillingen. [6]
Die Erzählung beginnt mit Numitor, dem König von Alba Longa. Diese Stadt lag im Gebiet Latium, in welchem heute auch Rom liegt. Numitor wurde von seinem jüngeren Bruder Amulius entmachtet und vertrieben. Die Tochter von Numitor, Rhea Silvia, zwang man eine Priesterin der Göttin Vesta zu werden. Diese waren zur Jungfräulichkeit verpflichtet. So musste Amulius keine Nachkommen des Numitor fürchten. Aber wie so oft im Leben ging dieser Plan nicht auf. Mars, der römische Gott des Krieges, war auf die schöne Rhea Silvia aufmerksam geworden. Er zeugte mit der Priesterin zwei Kinder: die Zwillingsbrüder Romulus und Remus. Das Schicksal meinte es nicht gut mit Rhea Silvia. Da sie gegen das Keuschheitsgelübde verstoßen hatte, wurde die Priesterin hingerichtet. Ihre beiden Söhne setzte man in der Wildnis aus.[7]
Nun kommt die Wölfin ins Spiel. Der Wolf galt bereits im antiken Griechenland als Tier des Kriegsgottes Ares. Da die römische Glaubensvorstellung vieles von der griechischen übernommen hatte, übertrug man dieses Tier auf den römischen Kriegsgott Mars. Doch kommen wir zurück zu Romulus und Remus. Die ausgesetzten Zwillinge wurden von einer Wölfin gefunden und gesäugt. [8] Noch heute zeugt ein Kunstwerk aus vergangenen Jahrhunderten von diesem Teil der Erzählung: „Die Kapitolinische Wölfin“. Die Bronzeskulptur zeigt die Wölfin mit Romulus und Remus und steht heute im Kapitolinischen Museum in Rom. Eine Kopie davon kann man an der Nordwand des Senatorenpalastes auf dem Kapitolhügel in Rom sehen.
Meistens ist der Wolf in Fabeln und Märchen eher als der Bösewicht mit vielen negativen Eigenschaften dargestellt. In der Gründungssage von Rom verhält es sich ganz anders. Hier erscheint die Wölfin als Retterin des zukünftigen Gründers der „Ewigen Stadt“.[9]
Doch wie ging es mit Romulus und Remus weiter? Ein Hirte namens Faustulus fand die beiden Kinder und zog sie groß. Die Zwillinge holten ihren Großvater Numitor aus der Verbannung zurück und töteten Amulius. Danach begannen Romulus und Remus damit eine eigene Stadt zu bauen. Soweit so gut und bislang hatte Harmonie zwischen den Zwillingen geherrscht. Doch das sollte sich nun ändern – es kam zum Streit. Die Gründe werden in den Erzählungen unterschiedlich angegeben. Am geläufigsten ist jene, dass Remus sich über die Mauer, die Romulus errichtet hatte, lustig machte. Im Zorn tötete Romulus seinen Bruder und baute die Stadt alleine weiter. Sie sollte seinen Namen tragen und wurde in der Antike „Roma“ genannt. Romulus wurde der erste der 7 legendären Könige von Rom. Unter seiner Herrschaft soll es zur Einführung der grundlegenden staatlichen Einrichtungen gekommen sein.[10]
Nach diesem Ausflug in die Welt von Romulus, Remus und der Wölfin steht noch die Frage im Raum, ab wann Rom wirklich in der Geschichte auftauchte? Und deckt sich dieser Zeitpunkt mit dem Datum der Gründungssage?
Heute ist Rom die Hauptstadt von Italien mit ca. 2,8 Mio. EinwohnerInnen. Die Stadt am Tiber hat im Lauf ihrer Geschichte schon viele Beinamen getragen wie „Die Ewige Stadt“, „Caput Mundi“ („Haupt der Welt“) oder „Stadt auf den Sieben Hügeln“. Und genau auf einem dieser Hügel wird es im 9. Jh. v. Chr. lebendiger. Die Volksgruppe der Latiner gründet auf dem Hügel Palatin eine Siedlung. Heute grenzt der Hügel an das antike Forum Romanum und den berühmten Circus Maximus. Andere Volksgruppen finden auf anderen Hügeln ein Zuhause wie z.B. die Sabiner auf dem Esquilin und dem Quirinal. Einige Forscher datierten die ersten Siedlungsspuren auf den Hügeln Rom schon früher, teilweise bis ins 16. Jh. v. Chr. Zwischen den berühmten 7 Hügeln von Rom befand sich nämlich in dieser Zeit ein Sumpfgebiet. Dieses wurde erst später durch die berühmte „Cloaca Maxima“, ein Teil des römischen Kanalsystems, trockengelegt. Aus diesem Grund mussten die Menschen mit den Hügeln vorliebnehmen. Die BewohnerInnen der verschiedenen Hügel begannen nach und nach näher zusammenzurücken. In der 2. Hälfte des 7. Jhs. v. Chr. existierte dann eine Stadtgrenze, die als „pomerium“ bezeichnet wurde. Soziale und politische Einrichtungen hatte man sowohl von den griechischen Kolonien in Italien, aber auch von den Etruskern übernommen. Dieses Volk siedelte in dem Gebiet zwischen den Flüssen Tiber und Arno. Im 7. und 6. Jh. v. Chr. waren die zwölf Städte der Etrusker die vorherrschende Macht. Auch der Name „Rom“ leitete sich vom Namen der etruskischen Familie der Ruma ab.[11]
Wie bereits erwähnt gilt Romulus als der erste der legendären 7 Könige von Rom. Allerdings ist hier keine Rede von gesicherten historischen Fakten. Die schriftlichen Quellen sind spärlich und auch nur aus späteren Jahrhunderten überliefert. Man bezeichnet die Zeit zwischen 750-510 v. Chr. dennoch als „Königszeit“. Der römische König trug den Titel „rex“, ein Begriff der auch heute noch geläufig ist. Die Zeit der 7 römischen Könige endet mit Tarquinius Superbus, der vom eigenen Volk vertrieben wurde. Im Anschluss folgte die Römischen Republik in der Geschichte von Rom. Doch an dieser Stelle ist es Zeit, die Ewige Stadt, die Zwillinge Romulus und Remus sowie die Wölfin vorerst zu verlassen.[12]
In der Schell Collection kann man zwar nicht die „Kapitolinische Wölfin“ bestaunen, aber auch die Schlüssel, Protome und Vorhangschlösser aus der römischen Epoche sind einen Besuch im Museum wert.
Text: Mag. Verena Lang
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1-4: Schell Collection, Verena Lang
Abb. 5-6 Privatarchiv V. Lang
Literaturverzeichnis
Andresen, C.: Rom. In: Lexikon der Alten Welt, Bd. 3. Artemis Verlag – Zürich/München – 1990. Sp. 2633-2673
Classen, C. J.: Romsage. In: Lexikon der Alten Welt, Bd. 3. Artemis Verlag – Zürich/München – 1990.
Fuhrmann, Manfred: Livius. In: Der kleine Pauly – Lexikon der Antike in fünf Bänden, Hrsg. Konrat Ziegler und Walther Sontheimer, Bd.3. Verlag J.B. Metzler – Stuttgart/Weimar – 2013. Sp. 689-698.
Gardner, Jane: Römische Mythen. Eine Einführung. Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG – Stuttgart – 2016.
Gmoll, Wilhelm: Griechisch-deutsches Schul- und Handwörterbuch. 9. Aufl. Oldenbourg Verlag – München – o.J.
Hartmann, P.W.: Kunstlexikon. o.O. – o.J.
Kinder, Hermann und Hilgemann, Werner: dtv-Atlas Weltgeschichte, Bd. 1, 37. Aufl. Deutscher Taschenbuch Verlag – München – 2004.
Kretschmer, Hildegard: Lexikon der Symbole und Attribute in der Kunst, 3. Aufl. Philipp Reclam jun. GmbH & Co KG – Sitzingen – 2019.
Kurts, Friedrich: Handbuch der Mythologie. Phaidon Verlag GmbH – Essen – 1869.
Radke, Gerhard: Romulus. In: Der kleine Pauly – Lexikon der Antike in fünf Bänden, Hrsg. Konrat Ziegler und Walther Sontheimer, Bd. 4. Verlag J.B. Metzler – Stuttgart/Weimar – 2013. Sp. 1455-1456.
Reinhardt, Volker: Geschichte Roms. Von der Antike bis zur Gegenwart. Verlag C.H. Beck oHG – München – 2008.
Onlinequellen
Titus Livius: Römische Geschichte. Übersetzt mit kritischen und erklärenden Anmerkungen von Konrad Heusinger. Braunschweig – 1821. Online abgerufen: https://www.projekt-gutenberg.org/livius/roemisch/root.html am 18. Jänner 2023.
[1] Vgl. Reinhardt, S. 8.
[2] Vgl. Hartmann, S. 1233.
[3] Vgl. Gmoll, S. 653.
[4] Vgl. Hartmann, S. 1233.
[5] Vgl. Radke, Sp. 1455.
[6] Vgl. Fuhrmann, Sp. 695; vgl. Liv. 1,4-8.
[7] Vgl. Classen, Sp. 2674; vgl. Gardner, S. 49; vgl. Radke, Sp. 1455.
[8] Vgl. Kretschmer, S. 454; vgl. Kurts, S. 268; vgl. Radke, Sp. 1455.
[9] Vgl. Kretschmer, S. 454.
[10] Vgl. Classen, Sp. 2674; vgl. Gardner, S. 49ff.; vgl. Radke, Sp. 1455.
[11] Vgl. Andresen, Sp. 2633f.; vgl. Kinder, S. 73; vgl. Reinhardt, S. 8ff.
[12] Vgl. Andresen, Sp. 2634; vgl. Kinder, S. 73; vgl. Reinhardt, S. 10.