Das zierliche Diadem mit dem berühmten Motiv der Weinblätter stammt aus der Gießerei Geiss in Berlin. Obwohl nicht signiert, sind die Weinblätter aus der Hand des berühmten Juweliers. Die Länge (gebogen) misst 19 cm.
Auf einem schmalen ornamentierten Reif sind vier hochovale Gussmedaillons montiert. Zwischen diesen laufen Bögen, die mit fünf kleinen, kreisrunden Medaillons geschmückt sind. Alle Medaillons haben eine polierte Platte als Auflage und darauf sind Portraitköpfe bei den großen und Blumengebinde bei den kleinen Platten genietet. Diese Portraitköpfe sind wiederum gegossen und ergeben einen schönen Schwarz-Weiß-Effekt. Zusätzlich ist der äußere Rand mit einer Goldfassung geschmückt. Das Highlight des Diadems sind aber die hoch aufragenden vier Weinblattbouquets, die aus jedem großen Medaillon entsprießen. Je drei dieser fünfblättrigen, durchbrochenen Weinblätter ergeben ein Bouquet.
Die Portraitköpfe auf den großen Medaillons zeigen von links nach rechts, Apoll – Herkules – ein männliches Portrait und einen weiblichen Kopf.
Johann Conrad Geiss (gestorben 1848), der Juwelier aus Berlin, wurde 1771 in Offenbach geboren. Bereits 1814 beteiligte er sich an der Berliner Akademie mit etlichen Gusswaren und ab 1828 mit Schmuck in antiken und gotischen Stilornamenten. Der Guss seiner Entwürfe war in Gleiwitz billiger als in Berlin und so kam es, dass er der schlesischen Gießerei den Vorzug gab. 1805 sandte Johann Conrad Geiss seinen Sohn Moritz (1805-75) nach Gleiwitz um ihn ein Jahr dort sowie in der Hütte in Malapane ausbilden zu lassen. Moritz, der Sohn war es dann auch im Jahr 1830, der gegen die Gießerei Gleiwitz Beschwerde führte, da diese seine Modelle zu eigenen Handelszwecken verwendet hatte. Und tatsächlich finden sich alle Geiß´schen Entwürfe wie die gotisierenden Ornamente und die Weinblätter auch auf Musterblättern der Gießerei Gleiwitz. Geiss beschwerte sich über diesen „Musterraub“ mit Erfolg – trotzdem waren seine Entwürfe bereits europaweit verbreitet und wurden nachgegossen. Seinem Sohn Moritz Geiss verhalf der Vater zur Akademischen Künstlerwürde unter anderem deshalb, weil dadurch „…… außer dem Schutz welchen Akademische Künstler genießen, kein Gesetz vorhanden ist, die gegen das Nachformen der mühsamen und kostspieligen Modelle schützen und weder Königliche noch Privatgießereien sich enthalten alle im Handel vorkommenden Erzeugniße meiner Fabrik nachzuformen…..“[1]
Später ließ Johann Conrad Geiss seine Bijouteriewaren in der neu gegründeten Gießerei in Berlin anfertigen, die aber einige Jahre später, der großen Auslastung wegen, diese Privataufträge nicht mehr erfüllen konnte. So begann der Juwelier 1807 selber mit der Herstellung und dem Gießen seiner Schmuckstücke, die er häufig mit „Geiss á Berlin“ signierte. Neben den Schmuckteilen goss er auch kleinere Statuetten und Plaketten sowie Medaillen.
Der Gießvorgang beim Gießen von Schmuckteilen geschah in Gusskanälen, an deren Verzweigungen die einzelnen Modelle „hingen“. Das dünnflüssige Eisen wurde in den Eingusstrichter gegossen, der wiederum nach dem Eingießen waagrecht gehalten wurde um ein gleichmäßiges Vordringen des Gusseisens zu gewährleisten. Ringe gruppierte man um einen Messingzylinder auf den die Ringmodelle aufmodelliert waren. So gelang das Gießen von mehreren Ringen in Einem. Selbstverständlich mussten alle kleinen und kleinsten Teile, wie auch die großen Gußstücke von Hand vom Gusskanal genommen, poliert und geputzt werden. Die einzelnen Schmuckteile wurden danach entweder mit kleinen polierten Platten versehen oder gar mit Goldfaden-Rändern aufgewertet. Besonders bei Medaillons war eine schmale Goldrahmung ab 1830 beliebt.
Der exakte und feine Guss der eisernen Schmuckstücke verlangte nach sehr feinem Sand, der zusätzlich vor dem Formen mit Lehmwasser getränkt wurde.[2]
Nach dem Zusammenbruch Preußens in den Jahren 1806/07 entstand die Mode vaterländischen Schmuck aus patriotischer Gesinnung zu tragen. Anfangs waren es kleine Gemmen und Medaillen, entweder mit antikisierenden Helden oder nach der Erhebung gegen Napoleon, mit dem Abbild siegreicher Heerführer oder Fürsten, die mit kleinen Eisenketten zu Armbändern oder Colliers zusammengefügt wurden.
Das Gießen der Gemmen war in der Gießerei Gleiwitz (heutiges Polen) schon lange in Gebrauch – diese kleinen Medaillen wurden nun als Schmuckornamente verwendet. Ab 1820/30 kamen andere, reich durchbrochene und auffällig geformte eiserne Schmuckteile auf. Alle Einzelteile konnten beliebig zu Armbändern, Ketten, Colliers, Diademen oder Anstecknadeln untereinander kombiniert werden.
Waren es in Gleiwitz gegossene Medaillen, so verfügte man in der Hauptstadt Berlin über die Möglichkeiten des fein verwobenen Eisendrahtes durch neue Produktionsverfahren. Gemeinsam gelang den Gießereien, dass das „Fonte Berlin“ oder „Fer de Berlin“ in ganz Europa begehrt war. Hintze schreibt, dass die „treibenden Kräfte zwei Berliner Privatleute, die Juweliere Johann Conrad Geiß und Siméon Pierre Devaranne gewesen sind.“[3]
Siméon Pierre Devaranne (1789-1859) arbeitet mit seinen beiden Söhnen eng zusammen, die aber vor ihm starben. Silberne Gussmodelle von ihm dienten beim Guss und zeugen noch heute von „unerreichter Zierlichkeit“.[4]
1807 entstanden die ersten gusseisernen Schmuckteile in Gleiwitz, ab 1813 zeigen die Produktionslisten Halsketten, die immer detaillierter beschrieben werden. 1822 waren Ketten als Halsschmuck mit ovalen und runden Gliedern modern. Preise wurden nach Länge der Ketten bewertet. Bei ovalen Gliedern kostete ein Zoll Kette (das sind ca. 2,54 cm) rund 2 Silbergroschen (heute ca. 2 Cent), bei einer Kette mit runden Gliedern kostete der Zoll 3 Silbergroschen.
Ein weiterer Juwelier aus Berlin, August Ferdinand Lehmann (1806-?) zeigte 1844 auf der Berliner Gewerbeausstellung unter anderem ein Armband mit Laubmuster, in der Art von Geiss – hier allerdings signiert mit seinem Namen „A.F. Lehmann, Berlin“.
Ausgehend von einer Halskette mit rund 30 cm, das wären 12 Zoll Kette, wäre der Gesamtpreis für diese Kette rund 30 Silbergroschen, das wäre 1 Taler (1,50 Euro).
Der Betrag erscheint erschreckend gering. Die starke Verbreitung dieser Massenprodukte als patriotischer Schmuck wird wohl auch den Umsatz gebracht haben. Feine Gusserzeugnisse der Juweliere Geiss und Devaranne müssen aber bedeutend mehr gekostet haben.
Das Motiv des Weinblattes ist charakteristisch für die Berliner Gießerei Geiss. In der Schell Collection befinden sich auch Ketten und Armbänder, die alleine aus Weinblättern gestaltet sind. Das hier vorgestellte Diadem ist mit Sicherheit eines der wenigen noch erhaltenen Beispiele aus der Manufaktur Geiss.
Zuletzt stellt sich noch die praktische Frage, wie solche Diademe im Haar befestigt wurden. Bei diesem hier ist an der Rückseite, fast an den Enden je eine Öse angegossen. Durch diese beiden seitlichen Ösen wurde ein Band gezogen, das im Nacken verknotet, das Diadem auf dem Haupt festgehalten hat.
Bartel Elisabeth, Nele Güntheroth: Vom preußischen Eisenkunstguss zum künstlerischen Zinkguss. Die Studienreise von Moritz Geiss 1828 von Berlin nach Großbritannien. Berlin 2013.
Ein gusseisernes Diadem mit Weinblättern.
Das zierliche Diadem mit dem berühmten Motiv der Weinblätter stammt aus der Gießerei Geiss in Berlin. Obwohl nicht signiert, sind die Weinblätter aus der Hand des berühmten Juweliers. Die Länge (gebogen) misst 19 cm.
Auf einem schmalen ornamentierten Reif sind vier hochovale Gussmedaillons montiert. Zwischen diesen laufen Bögen, die mit fünf kleinen, kreisrunden Medaillons geschmückt sind. Alle Medaillons haben eine polierte Platte als Auflage und darauf sind Portraitköpfe bei den großen und Blumengebinde bei den kleinen Platten genietet. Diese Portraitköpfe sind wiederum gegossen und ergeben einen schönen Schwarz-Weiß-Effekt. Zusätzlich ist der äußere Rand mit einer Goldfassung geschmückt. Das Highlight des Diadems sind aber die hoch aufragenden vier Weinblattbouquets, die aus jedem großen Medaillon entsprießen. Je drei dieser fünfblättrigen, durchbrochenen Weinblätter ergeben ein Bouquet.
Die Portraitköpfe auf den großen Medaillons zeigen von links nach rechts, Apoll – Herkules – ein männliches Portrait und einen weiblichen Kopf.
Johann Conrad Geiss (gestorben 1848), der Juwelier aus Berlin, wurde 1771 in Offenbach geboren. Bereits 1814 beteiligte er sich an der Berliner Akademie mit etlichen Gusswaren und ab 1828 mit Schmuck in antiken und gotischen Stilornamenten. Der Guss seiner Entwürfe war in Gleiwitz billiger als in Berlin und so kam es, dass er der schlesischen Gießerei den Vorzug gab. 1805 sandte Johann Conrad Geiss seinen Sohn Moritz (1805-75) nach Gleiwitz um ihn ein Jahr dort sowie in der Hütte in Malapane ausbilden zu lassen. Moritz, der Sohn war es dann auch im Jahr 1830, der gegen die Gießerei Gleiwitz Beschwerde führte, da diese seine Modelle zu eigenen Handelszwecken verwendet hatte. Und tatsächlich finden sich alle Geiß´schen Entwürfe wie die gotisierenden Ornamente und die Weinblätter auch auf Musterblättern der Gießerei Gleiwitz. Geiss beschwerte sich über diesen „Musterraub“ mit Erfolg – trotzdem waren seine Entwürfe bereits europaweit verbreitet und wurden nachgegossen. Seinem Sohn Moritz Geiss verhalf der Vater zur Akademischen Künstlerwürde unter anderem deshalb, weil dadurch „…… außer dem Schutz welchen Akademische Künstler genießen, kein Gesetz vorhanden ist, die gegen das Nachformen der mühsamen und kostspieligen Modelle schützen und weder Königliche noch Privatgießereien sich enthalten alle im Handel vorkommenden Erzeugniße meiner Fabrik nachzuformen…..“[1]
Später ließ Johann Conrad Geiss seine Bijouteriewaren in der neu gegründeten Gießerei in Berlin anfertigen, die aber einige Jahre später, der großen Auslastung wegen, diese Privataufträge nicht mehr erfüllen konnte. So begann der Juwelier 1807 selber mit der Herstellung und dem Gießen seiner Schmuckstücke, die er häufig mit „Geiss á Berlin“ signierte. Neben den Schmuckteilen goss er auch kleinere Statuetten und Plaketten sowie Medaillen.
Der Gießvorgang beim Gießen von Schmuckteilen geschah in Gusskanälen, an deren Verzweigungen die einzelnen Modelle „hingen“. Das dünnflüssige Eisen wurde in den Eingusstrichter gegossen, der wiederum nach dem Eingießen waagrecht gehalten wurde um ein gleichmäßiges Vordringen des Gusseisens zu gewährleisten. Ringe gruppierte man um einen Messingzylinder auf den die Ringmodelle aufmodelliert waren. So gelang das Gießen von mehreren Ringen in Einem. Selbstverständlich mussten alle kleinen und kleinsten Teile, wie auch die großen Gußstücke von Hand vom Gusskanal genommen, poliert und geputzt werden. Die einzelnen Schmuckteile wurden danach entweder mit kleinen polierten Platten versehen oder gar mit Goldfaden-Rändern aufgewertet. Besonders bei Medaillons war eine schmale Goldrahmung ab 1830 beliebt.
Der exakte und feine Guss der eisernen Schmuckstücke verlangte nach sehr feinem Sand, der zusätzlich vor dem Formen mit Lehmwasser getränkt wurde.[2]
Nach dem Zusammenbruch Preußens in den Jahren 1806/07 entstand die Mode vaterländischen Schmuck aus patriotischer Gesinnung zu tragen. Anfangs waren es kleine Gemmen und Medaillen, entweder mit antikisierenden Helden oder nach der Erhebung gegen Napoleon, mit dem Abbild siegreicher Heerführer oder Fürsten, die mit kleinen Eisenketten zu Armbändern oder Colliers zusammengefügt wurden.
Das Gießen der Gemmen war in der Gießerei Gleiwitz (heutiges Polen) schon lange in Gebrauch – diese kleinen Medaillen wurden nun als Schmuckornamente verwendet. Ab 1820/30 kamen andere, reich durchbrochene und auffällig geformte eiserne Schmuckteile auf. Alle Einzelteile konnten beliebig zu Armbändern, Ketten, Colliers, Diademen oder Anstecknadeln untereinander kombiniert werden.
Waren es in Gleiwitz gegossene Medaillen, so verfügte man in der Hauptstadt Berlin über die Möglichkeiten des fein verwobenen Eisendrahtes durch neue Produktionsverfahren. Gemeinsam gelang den Gießereien, dass das „Fonte Berlin“ oder „Fer de Berlin“ in ganz Europa begehrt war. Hintze schreibt, dass die „treibenden Kräfte zwei Berliner Privatleute, die Juweliere Johann Conrad Geiß und Siméon Pierre Devaranne gewesen sind.“[3]
Siméon Pierre Devaranne (1789-1859) arbeitet mit seinen beiden Söhnen eng zusammen, die aber vor ihm starben. Silberne Gussmodelle von ihm dienten beim Guss und zeugen noch heute von „unerreichter Zierlichkeit“.[4]
1807 entstanden die ersten gusseisernen Schmuckteile in Gleiwitz, ab 1813 zeigen die Produktionslisten Halsketten, die immer detaillierter beschrieben werden. 1822 waren Ketten als Halsschmuck mit ovalen und runden Gliedern modern. Preise wurden nach Länge der Ketten bewertet. Bei ovalen Gliedern kostete ein Zoll Kette (das sind ca. 2,54 cm) rund 2 Silbergroschen (heute ca. 2 Cent), bei einer Kette mit runden Gliedern kostete der Zoll 3 Silbergroschen.
Ein weiterer Juwelier aus Berlin, August Ferdinand Lehmann (1806-?) zeigte 1844 auf der Berliner Gewerbeausstellung unter anderem ein Armband mit Laubmuster, in der Art von Geiss – hier allerdings signiert mit seinem Namen „A.F. Lehmann, Berlin“.
Ausgehend von einer Halskette mit rund 30 cm, das wären 12 Zoll Kette, wäre der Gesamtpreis für diese Kette rund 30 Silbergroschen, das wäre 1 Taler (1,50 Euro).
Der Betrag erscheint erschreckend gering. Die starke Verbreitung dieser Massenprodukte als patriotischer Schmuck wird wohl auch den Umsatz gebracht haben. Feine Gusserzeugnisse der Juweliere Geiss und Devaranne müssen aber bedeutend mehr gekostet haben.
Das Motiv des Weinblattes ist charakteristisch für die Berliner Gießerei Geiss. In der Schell Collection befinden sich auch Ketten und Armbänder, die alleine aus Weinblättern gestaltet sind. Das hier vorgestellte Diadem ist mit Sicherheit eines der wenigen noch erhaltenen Beispiele aus der Manufaktur Geiss.
Zuletzt stellt sich noch die praktische Frage, wie solche Diademe im Haar befestigt wurden. Bei diesem hier ist an der Rückseite, fast an den Enden je eine Öse angegossen. Durch diese beiden seitlichen Ösen wurde ein Band gezogen, das im Nacken verknotet, das Diadem auf dem Haupt festgehalten hat.
Text: Mag. Martina Pall
[1] Bartel/Güntheroth 2013, Seite 16.
[2] Schmidt, Seite 188.
[3] Hintze, Seite 37.
[4] Schmidt, Seite 54.
Literatur:
Bartel Elisabeth, Nele Güntheroth: Vom preußischen Eisenkunstguss zum künstlerischen Zinkguss. Die Studienreise von Moritz Geiss 1828 von Berlin nach Großbritannien. Berlin 2013.
Hintze Erwin: Gleiwitzer Eisenkunstguss. Breslau 1928.
Schmidt Eva: Der preußische Eisenkunstguss. Technik-Geschichte-Werke-Künstler. Berlin 1981.