Neujahrskarte „40 Jahre Mondlandung“
Inv.-Nr. 3194
Maße: 13,5 x 10,7 cm
Gewicht: 0,3 kg
Das Objekt
Bei dem Objekt handelt es sich um ein Stück aus dem 21. Jahrhundert, nämlich eine gusseiserne Neujahrskarte aus der deutschen Gießerei Buderus-Hirzenhain. Die Darstellung zeigt die erste Landung auf dem Mond am 21. Juli 1969 und man erkennt eine Vielzahl von Details. Mittig steht ein Astronaut und pflanzt die US-amerikanische Flagge in den Boden. Auf dem Boden sind sogar die Schuhabdrücke des Astronauten in das Eisen gegossen worden. Unter ihm ist eine Inschrift „Apollo XI – Mondlandung 1969“ zu lesen. Über ihm schwebt das Raumschiff „Columbia“ im Orbit um den Mond. Auf der rechten Bildseite steht die Mondlandefähre „Eagle“ und im Hintergrund taucht die Erde auf. Im rechten oberen Eck ist die Jahreszahl „2009“ zu lesen. Damit ist das Objekt anlässlich des 40. Jahrestages der Mondlandung gegossen worden.
Auch eine Signatur ist auf der Neujahrskarte zu entziffern. Rechts unten kann man die Initialen „FW“ entziffern. Diese stehen für den Modelleur Wolfgang Fremuth (*1944). Er wurde an der Blüml-Huber-Schule, einer Höheren Technischen Lehranstalt in Steyr (OÖ), zum Graveur ausgebildet. Bekannt ist die Schule unter anderem, weil dort noch heute die Technik des Stahlschnitts unterrichtet wird.
Fremuth ist noch aktiv als Graveur tätig.[1] Die Neujahrskarte hat ein blaues Etui, in dem eine Beschreibung liegt. Soweit zum Aussehen des Objekts des Monats und nun ein paar Worte über die Neujahrskarten.
Die Neujahrskarten
Das 19. Jahrhundert kann als die Hochblüte des Eisenkunstgusses angesehen werden. Durch Verbesserungen der Technik hinsichtlich Effizienz und Größe der Schmelzöfen wuchsen bereits Ende des 18. Jahrhunderts bzw. Anfang des 19. Jahrhunderts zahlreiche Eisengießereien wie Pilze aus dem Boden. Die Palette von den Objekten aus Eisenkunstguss reicht von Kunstobjekten über Alltagsgegenstände bis hin zu Bauwerken wie Brücken. Eine ganz spezielle Art von Eisengussobjekten sind die so genannten Neujahrskarten. Dabei handelt es sich um kleine, meist rechteckige Eisengusstafeln, auf denen auf der Vorderseite eine reliefartige Darstellung zu sehen ist. Ihren Ursprung hat die Neujahrskarte in einem alten Brauch der Bergleute. So verwundert es auch nicht, dass auf einer Karte der Gießerei Gleiwitz aus dem Jahr 1810, der ältesten der königlich-preußischen Gießereien, der Gruß der Bergleute „Glück auf“ zu lesen ist. Die Neujahrskarten wurden, wie der Name schon sagt, im neuen Jahr gegossen, in schöne Etuis verpackt und dann an den König, königliche Beamte, wichtige Kunden und andere bedeutende Persönlichkeiten verschickt. So konnten die Gießereien geschickt für sich Werbung machen. Eine der ältesten Karten stammt aus der königlich-preußischen Gießerei in Berlin, die bereits 1805, ein Jahr nach der Gründung des Unternehmens, hergestellt wurde. Andere namhafte Gießereien wie Sayn, Lauchhammer und Buderus-Hirzenhain folgten bald dem Beispiel von Berlin. Die Motive auf den Neujahrskarten variierten sowohl hinsichtlich der Gießereien, aber auch den Einflüssen der aktuellen Ereignisse. Büsten der damaligen Herrscher wie die des preußischen Königs Friedrich II. findet man ebenso wie berühmte Bauwerke wie die „Porta Nigra“ in Trier oder den Kölner Dom. Die Neujahrskarten boten aber auch eine wunderbare Möglichkeit, Kunden die eigenen Werke zu präsentieren. Auf diese Art versuchte man sie zu einem neuerlichen Auftrag bzw. zu einer ersten Bestellung zu bewegen. Auch historische Ereignisse, die die Menschen der damaligen Zeit bewegten, wurden auf den Neujahrskarten dargestellt und so in Erinnerung behalten. Die Neujahrskarte der königlich-preußischen Gießerei in Berlin aus dem Jahr 1815 zeigt eine Dampfmaschine, jene von 1806 zeigt Straßenbahnschienen.[2] Die Neujahrskarten von Buderus-Hirzenhain zeigen verschiedene Motive, mythologische ebenso wie christliche aber auch Szenen aus dem Alltag oder der Arbeit in einer Gießerei. Auch brachte man zahlreiche Neujahrskarten mit Jubiläen von großen Ereignissen heraus wie jene hier vorgestellte.
Die Geschichte der Gießerei Buderus-Hirzenhain zeigt sich geprägt von Aufstieg und Niedergang, die sich immer wieder über die Jahrhunderte ablösten. In den Wirren des 30-jährigen Krieges wurde das Werk 1629 geschlossen, aber bereits wenige Jahrzehnte später wiedereröffnet und mit technischen Neuerung wie einem Holzkohlehochofen ausgestattet. Ab 1731 findet die Bezeichnung „Buderus“ ihren Eingang in den Namen des Unternehmens, denn die Leitung übernimmt Johann Wilhelm Buderus. Im Lauf des 19. Jahrhunderts lösten die Kupolöfen den Hochofen ab und in den 1880ern gab man den Hochofen ganz auf. Anfang des 20. Jahrhunderts erlebte die Gießerei wieder einen Aufschwung, allerdings kam bereits 1918 mit Ende des 1. Weltkrieges eine wirtschaftlich schwierige Situation auf Buderus-Hirzenhain zu. Dennoch überlebte das Werk das 20. Jahrhundert und man konzentrierte sich wieder vermehrt auf den Eisenkunstguss und nicht nur die Herstellung von Kriegsgerät. Nur wenige Gießereien waren bis ins 21. Jahrhundert tätig und erst 2016 schlossen sich die Pforten von Buderus-Hirzenhain.[3]
Die Mondlandung
Was nun folgt ist ein großer Sprung vom 19. Jahrhundert mit seinen gusseisernen Neujahrskarten zum 20. Jahrhundert und einem denkwürdigen historischen Ereignis. Am 21. Juli 1969 starrten Millionen Menschen gebannt auf ihre Fernsehgeräte oder lauschten der Stimme des Radiosprechers. An diesem Tag wurde die Welt Zeuge eines historischen Ereignisses – erstmals betrat ein Mensch den Mond. Seit Jahrhunderten richteten kluge Köpfe und Visionäre ihren Blick Richtung nächtlichen Sternenhimmel, beobachteten die Bahnen der Planeten, staunten über Kometen und benannten die zahllosen Sterne. Doch vor allem der Mond und sein Einfluss auf die Erde übte eine Faszination auf die Menschen aus. Was wäre, wenn Menschen zum Mond fliegen könnten? Eines der bekanntesten Beispiele einer wenngleich noch fiktiven Reise zum Mond stellen zwei Romane des französischen Autors Jules Verne mit den Titeln „Von der Erde bis zum Mond“ (1865) und „Reise um den Mond“ (1873) dar. Der Autor schrieb diese frühen Science Fiction Romane rund 100 Jahre vor der ersten Landung auf dem Mond. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts begann man mit weiteren Überlegungen, wie man einen Flug zum Mond bewältigen könnte. Ein bedeutender Name in diesem Zusammenhang ist der Russe Konstantin Ziolkowski, der oft als „Vater der modernen Raumfahrttheorie“ bezeichnet wird. Der US-Amerikaner Robert Goddard gilt als einer der Pioniere auf dem Gebiet der Entwicklung von Raketen bzw. Raketentreibstoff. Auch in der Zeit des Zweiten Weltkrieges forschte man weiter an dieser Technologie, vor allem um sie für militärische Zwecke einsetzen zu können.[4] In der Zeit des Kalten Krieges kam es dann nicht nur zu einem Wettrüsten der USA und der UdSSR, sondern auch zu einem Wettlauf ins All. Innerhalb weniger Jahre jagte in der Geschichte der Raumfahrt ein Ereignis das andere. Der UdSSR gelang 1957 mit der ersten Erdumkreisung durch den Satelliten Sputnik ein Schlag ins Gesicht der USA. Darauf folgten die Versuche mit Tieren und nur vier Jahre nach Sputnik brach der sowjetische Kosmonaut Juri Gagarin vom Raketenstartgelände in Baikonur zu seiner Umrundung der Erde auf.[5] Auch zu diesem Ereignis hätte die Schell Collection ein interessantes Objekt parat – nämlich einen Stadtschlüssel von Baikonur im heutigen Kasachstan.
John Glenn umrundet am 20. Februar 1962 als erster US-Amerikaner die Erde, 1963 schickte die UdSSR Walentina Tereschkowa als erste Frau in das All.[6] Der Mond blieb jedoch immer noch in weiter Ferne und so beschloss Präsident John F. Kennedy, dass man alle Anstrengungen auf die Erreichung dieses Ziel konzentrieren sollte. Vor allem wollte man Menschen auf den Mond befördern und zu diesem Zweck wurde das Apollo Raumfahrt Programm ins Leben gerufen.
Apollo 8 brachte erstmals Astronauten in eine Entfernung von 400.000 km von der Erde, mit Apollo 10 gelang die Umkreisung des Mondes und das gleich 31-mal.[7]
Mit Apollo 11 starteten am 16. Juli 1969 drei Astronauten, Neil Armstrong, Edwin Aldrin und Michael Collins Richtung Mond. Schon der Abschuss der Rakete wurde im Fernsehen von Menschen auf der ganzen Welt verfolgt. Am 20. Juli erreichte das Mutterschiff Columbia den Mond. Viel wusste man nicht über die Beschaffenheiten des Mondes und welche unvorhergesehenen Probleme auftreten könnten. 13-mal wurde der Mond umrundet, dann klinkte sich die Landefähre „Eagle“, die auf der Neujahrskarte gut zu erkennen ist, aus. Collins blieb allein im Mutterschiff zurück und umkreiste weiter den Mond. Wie bekannt ist musste Armstrong bei der Landung von der automatischen Steuerung auf manuell umschalten, da der ursprüngliche Landeplatz nicht ideal war. Nachdem die „Eagle“ aufgesetzt hatte, machten sich Armstrong und Aldrin auf um den Mond zu erforschen. Die berühmten Worte von Armstrong als erster Mensch am Mond am 21. Juli 1969 sind vielen ein Begriff und übersetzt lautete: „Das ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer Sprung für die Menschheit.“ Was nun folgte sind ein mehrstündiger Spaziergang über den Mond mit zahlreichen Experimenten und Beschaffung von Gesteinsproben. Alles wurde mittels Fotos und Videos für die Nachwelt festgehalten. Die „Eagle“ schaffte die Rückkehr zur Columbia und die drei Astronauten begann mit dem Rückflug zur Erde. Auch die Landung wurde wieder im Fernsehen übertragen und so sahen die Zuschauer, wie sich ca. 7 km über der Wasseroberfläche des Pazifik die Fallschirme der Kapsel öffneten und die Astronauten relativ sanft aufsetzten. Dann wurden die drei in Quarantäne gesteckt und einige Tage später mit einer Parade in New York gefeiert. Weiters folgte eine Tournee durch zahlreiche Länder, auf der die drei Astronauten wie Rockstars bejubelt wurden und eine Flut an Interviews gaben.[8] So erreichten die USA ihr Ziel als erste Nation Menschen auf den Mond zu schicken zwar erst unter Kennedys Nachfolger Präsident Nixon, aber immerhin noch vor dem großen Konkurrenten UdSSR.
Apropos UdSSR, die drei Astronauten waren zwar am 20. Juli 1969 die einzigen Menschen die sich im All befanden, aber die Konkurrenz war nicht weit weg. Eine sowjetische Sonde mit dem Namen Luna 5 befand sich ebenfalls in der Umlaufbahn um den Mond, was die USA nervös machte, da man eine Störaktion befürchtete. Die Sonde hätte auf dem Mond landen und dort Proben des Gesteins sammeln sollen. Doch Luna 5 stürzte ab und so schaffte es die UdSSR nicht Mondgestein vor den USA auf die Erde zurückzubringen.[9]
Der heroische Moment der Landung von Menschen auf dem Mond wurde auf der Neujahrskarte aus Eisenkunstguss mit vielen Details festgehalten, denke man nur an den Schuhabdruck von Armstrong oder auch Aldrin, der den Beginn einer neuen Ära der Geschichte für viele symbolisiert.
Text: Mag. Verena Lang
Literatur:
Forschler, Anne: Glück Auf! Eiserne Neujahrskarten der preußischen Gießereien. In: Kunstgewerbemuseum
Müller, Bernd: Neujahrsplaketten, – medaillen und –karten. In: Weltkunst – Die Zeitschrift für Kunst und Antiquitäten, Heft 17. Berlin – 1987. S. 2258-2262.
Stummann-Bowert, Ruth: Eisenkunstguss. Büsten – Statuetten – Medaillen – Medaillons – Gemmen – Plaketten – Wohngerät – Schmuck – Holzmöbel. Die Sammlung der Buderus Aktiengesellschaft Kunstguss-Museum in Hirzenhain. Wetzlar – 1984.
Weblinks:
http://www.buderus-kunstguss.de/sixcms/detail.php?id=2658146&template=rtp_bildp… vom 22.7.2013
[1] Vgl. http://www.buderus-kunstguss.de/sixcms/detail.php?id=2658146&template=rtp_bildp… vom 22.7.2013
[2] Vgl. Forschler, Glück Auf!. S. 62ff.; Müller, Neujahrsplaketten, -medaillen und –karten. S. 2258ff.
[3] Vgl. Stummann-Bowert, Eisenkunstguss. Die Sammlung der Buderus Aktiengesellschaft. S. 192f.
[4] Vgl. Siefarth, Geschichte der Raumfahrt, S. 9ff.
[5] Vgl. Siefarth. S. 13-17.
[6] Vgl. Siefarth. S. 20ff.
[7] Vgl. Ebda. S. 45f.
[8] Vgl. Ebda. S. 47-52
[9] Vgl. Ebda. S. 48
Neujahrskarte „40 Jahre Mondlandung“
Inv.-Nr. 3194
Maße: 13,5 x 10,7 cm
Gewicht: 0,3 kg
Das Objekt
Bei dem Objekt handelt es sich um ein Stück aus dem 21. Jahrhundert, nämlich eine gusseiserne Neujahrskarte aus der deutschen Gießerei Buderus-Hirzenhain. Die Darstellung zeigt die erste Landung auf dem Mond am 21. Juli 1969 und man erkennt eine Vielzahl von Details. Mittig steht ein Astronaut und pflanzt die US-amerikanische Flagge in den Boden. Auf dem Boden sind sogar die Schuhabdrücke des Astronauten in das Eisen gegossen worden. Unter ihm ist eine Inschrift „Apollo XI – Mondlandung 1969“ zu lesen. Über ihm schwebt das Raumschiff „Columbia“ im Orbit um den Mond. Auf der rechten Bildseite steht die Mondlandefähre „Eagle“ und im Hintergrund taucht die Erde auf. Im rechten oberen Eck ist die Jahreszahl „2009“ zu lesen. Damit ist das Objekt anlässlich des 40. Jahrestages der Mondlandung gegossen worden.
Auch eine Signatur ist auf der Neujahrskarte zu entziffern. Rechts unten kann man die Initialen „FW“ entziffern. Diese stehen für den Modelleur Wolfgang Fremuth (*1944). Er wurde an der Blüml-Huber-Schule, einer Höheren Technischen Lehranstalt in Steyr (OÖ), zum Graveur ausgebildet. Bekannt ist die Schule unter anderem, weil dort noch heute die Technik des Stahlschnitts unterrichtet wird.
Fremuth ist noch aktiv als Graveur tätig.[1] Die Neujahrskarte hat ein blaues Etui, in dem eine Beschreibung liegt. Soweit zum Aussehen des Objekts des Monats und nun ein paar Worte über die Neujahrskarten.
Die Neujahrskarten
Das 19. Jahrhundert kann als die Hochblüte des Eisenkunstgusses angesehen werden. Durch Verbesserungen der Technik hinsichtlich Effizienz und Größe der Schmelzöfen wuchsen bereits Ende des 18. Jahrhunderts bzw. Anfang des 19. Jahrhunderts zahlreiche Eisengießereien wie Pilze aus dem Boden. Die Palette von den Objekten aus Eisenkunstguss reicht von Kunstobjekten über Alltagsgegenstände bis hin zu Bauwerken wie Brücken. Eine ganz spezielle Art von Eisengussobjekten sind die so genannten Neujahrskarten. Dabei handelt es sich um kleine, meist rechteckige Eisengusstafeln, auf denen auf der Vorderseite eine reliefartige Darstellung zu sehen ist. Ihren Ursprung hat die Neujahrskarte in einem alten Brauch der Bergleute. So verwundert es auch nicht, dass auf einer Karte der Gießerei Gleiwitz aus dem Jahr 1810, der ältesten der königlich-preußischen Gießereien, der Gruß der Bergleute „Glück auf“ zu lesen ist. Die Neujahrskarten wurden, wie der Name schon sagt, im neuen Jahr gegossen, in schöne Etuis verpackt und dann an den König, königliche Beamte, wichtige Kunden und andere bedeutende Persönlichkeiten verschickt. So konnten die Gießereien geschickt für sich Werbung machen. Eine der ältesten Karten stammt aus der königlich-preußischen Gießerei in Berlin, die bereits 1805, ein Jahr nach der Gründung des Unternehmens, hergestellt wurde. Andere namhafte Gießereien wie Sayn, Lauchhammer und Buderus-Hirzenhain folgten bald dem Beispiel von Berlin. Die Motive auf den Neujahrskarten variierten sowohl hinsichtlich der Gießereien, aber auch den Einflüssen der aktuellen Ereignisse. Büsten der damaligen Herrscher wie die des preußischen Königs Friedrich II. findet man ebenso wie berühmte Bauwerke wie die „Porta Nigra“ in Trier oder den Kölner Dom. Die Neujahrskarten boten aber auch eine wunderbare Möglichkeit, Kunden die eigenen Werke zu präsentieren. Auf diese Art versuchte man sie zu einem neuerlichen Auftrag bzw. zu einer ersten Bestellung zu bewegen. Auch historische Ereignisse, die die Menschen der damaligen Zeit bewegten, wurden auf den Neujahrskarten dargestellt und so in Erinnerung behalten. Die Neujahrskarte der königlich-preußischen Gießerei in Berlin aus dem Jahr 1815 zeigt eine Dampfmaschine, jene von 1806 zeigt Straßenbahnschienen.[2] Die Neujahrskarten von Buderus-Hirzenhain zeigen verschiedene Motive, mythologische ebenso wie christliche aber auch Szenen aus dem Alltag oder der Arbeit in einer Gießerei. Auch brachte man zahlreiche Neujahrskarten mit Jubiläen von großen Ereignissen heraus wie jene hier vorgestellte.
Die Geschichte der Gießerei Buderus-Hirzenhain zeigt sich geprägt von Aufstieg und Niedergang, die sich immer wieder über die Jahrhunderte ablösten. In den Wirren des 30-jährigen Krieges wurde das Werk 1629 geschlossen, aber bereits wenige Jahrzehnte später wiedereröffnet und mit technischen Neuerung wie einem Holzkohlehochofen ausgestattet. Ab 1731 findet die Bezeichnung „Buderus“ ihren Eingang in den Namen des Unternehmens, denn die Leitung übernimmt Johann Wilhelm Buderus. Im Lauf des 19. Jahrhunderts lösten die Kupolöfen den Hochofen ab und in den 1880ern gab man den Hochofen ganz auf. Anfang des 20. Jahrhunderts erlebte die Gießerei wieder einen Aufschwung, allerdings kam bereits 1918 mit Ende des 1. Weltkrieges eine wirtschaftlich schwierige Situation auf Buderus-Hirzenhain zu. Dennoch überlebte das Werk das 20. Jahrhundert und man konzentrierte sich wieder vermehrt auf den Eisenkunstguss und nicht nur die Herstellung von Kriegsgerät. Nur wenige Gießereien waren bis ins 21. Jahrhundert tätig und erst 2016 schlossen sich die Pforten von Buderus-Hirzenhain.[3]
Die Mondlandung
Was nun folgt ist ein großer Sprung vom 19. Jahrhundert mit seinen gusseisernen Neujahrskarten zum 20. Jahrhundert und einem denkwürdigen historischen Ereignis. Am 21. Juli 1969 starrten Millionen Menschen gebannt auf ihre Fernsehgeräte oder lauschten der Stimme des Radiosprechers. An diesem Tag wurde die Welt Zeuge eines historischen Ereignisses – erstmals betrat ein Mensch den Mond. Seit Jahrhunderten richteten kluge Köpfe und Visionäre ihren Blick Richtung nächtlichen Sternenhimmel, beobachteten die Bahnen der Planeten, staunten über Kometen und benannten die zahllosen Sterne. Doch vor allem der Mond und sein Einfluss auf die Erde übte eine Faszination auf die Menschen aus. Was wäre, wenn Menschen zum Mond fliegen könnten? Eines der bekanntesten Beispiele einer wenngleich noch fiktiven Reise zum Mond stellen zwei Romane des französischen Autors Jules Verne mit den Titeln „Von der Erde bis zum Mond“ (1865) und „Reise um den Mond“ (1873) dar. Der Autor schrieb diese frühen Science Fiction Romane rund 100 Jahre vor der ersten Landung auf dem Mond. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts begann man mit weiteren Überlegungen, wie man einen Flug zum Mond bewältigen könnte. Ein bedeutender Name in diesem Zusammenhang ist der Russe Konstantin Ziolkowski, der oft als „Vater der modernen Raumfahrttheorie“ bezeichnet wird. Der US-Amerikaner Robert Goddard gilt als einer der Pioniere auf dem Gebiet der Entwicklung von Raketen bzw. Raketentreibstoff. Auch in der Zeit des Zweiten Weltkrieges forschte man weiter an dieser Technologie, vor allem um sie für militärische Zwecke einsetzen zu können.[4] In der Zeit des Kalten Krieges kam es dann nicht nur zu einem Wettrüsten der USA und der UdSSR, sondern auch zu einem Wettlauf ins All. Innerhalb weniger Jahre jagte in der Geschichte der Raumfahrt ein Ereignis das andere. Der UdSSR gelang 1957 mit der ersten Erdumkreisung durch den Satelliten Sputnik ein Schlag ins Gesicht der USA. Darauf folgten die Versuche mit Tieren und nur vier Jahre nach Sputnik brach der sowjetische Kosmonaut Juri Gagarin vom Raketenstartgelände in Baikonur zu seiner Umrundung der Erde auf.[5] Auch zu diesem Ereignis hätte die Schell Collection ein interessantes Objekt parat – nämlich einen Stadtschlüssel von Baikonur im heutigen Kasachstan.
John Glenn umrundet am 20. Februar 1962 als erster US-Amerikaner die Erde, 1963 schickte die UdSSR Walentina Tereschkowa als erste Frau in das All.[6] Der Mond blieb jedoch immer noch in weiter Ferne und so beschloss Präsident John F. Kennedy, dass man alle Anstrengungen auf die Erreichung dieses Ziel konzentrieren sollte. Vor allem wollte man Menschen auf den Mond befördern und zu diesem Zweck wurde das Apollo Raumfahrt Programm ins Leben gerufen.
Apollo 8 brachte erstmals Astronauten in eine Entfernung von 400.000 km von der Erde, mit Apollo 10 gelang die Umkreisung des Mondes und das gleich 31-mal.[7]
Mit Apollo 11 starteten am 16. Juli 1969 drei Astronauten, Neil Armstrong, Edwin Aldrin und Michael Collins Richtung Mond. Schon der Abschuss der Rakete wurde im Fernsehen von Menschen auf der ganzen Welt verfolgt. Am 20. Juli erreichte das Mutterschiff Columbia den Mond. Viel wusste man nicht über die Beschaffenheiten des Mondes und welche unvorhergesehenen Probleme auftreten könnten. 13-mal wurde der Mond umrundet, dann klinkte sich die Landefähre „Eagle“, die auf der Neujahrskarte gut zu erkennen ist, aus. Collins blieb allein im Mutterschiff zurück und umkreiste weiter den Mond. Wie bekannt ist musste Armstrong bei der Landung von der automatischen Steuerung auf manuell umschalten, da der ursprüngliche Landeplatz nicht ideal war. Nachdem die „Eagle“ aufgesetzt hatte, machten sich Armstrong und Aldrin auf um den Mond zu erforschen. Die berühmten Worte von Armstrong als erster Mensch am Mond am 21. Juli 1969 sind vielen ein Begriff und übersetzt lautete: „Das ist ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer Sprung für die Menschheit.“ Was nun folgte sind ein mehrstündiger Spaziergang über den Mond mit zahlreichen Experimenten und Beschaffung von Gesteinsproben. Alles wurde mittels Fotos und Videos für die Nachwelt festgehalten. Die „Eagle“ schaffte die Rückkehr zur Columbia und die drei Astronauten begann mit dem Rückflug zur Erde. Auch die Landung wurde wieder im Fernsehen übertragen und so sahen die Zuschauer, wie sich ca. 7 km über der Wasseroberfläche des Pazifik die Fallschirme der Kapsel öffneten und die Astronauten relativ sanft aufsetzten. Dann wurden die drei in Quarantäne gesteckt und einige Tage später mit einer Parade in New York gefeiert. Weiters folgte eine Tournee durch zahlreiche Länder, auf der die drei Astronauten wie Rockstars bejubelt wurden und eine Flut an Interviews gaben.[8] So erreichten die USA ihr Ziel als erste Nation Menschen auf den Mond zu schicken zwar erst unter Kennedys Nachfolger Präsident Nixon, aber immerhin noch vor dem großen Konkurrenten UdSSR.
Apropos UdSSR, die drei Astronauten waren zwar am 20. Juli 1969 die einzigen Menschen die sich im All befanden, aber die Konkurrenz war nicht weit weg. Eine sowjetische Sonde mit dem Namen Luna 5 befand sich ebenfalls in der Umlaufbahn um den Mond, was die USA nervös machte, da man eine Störaktion befürchtete. Die Sonde hätte auf dem Mond landen und dort Proben des Gesteins sammeln sollen. Doch Luna 5 stürzte ab und so schaffte es die UdSSR nicht Mondgestein vor den USA auf die Erde zurückzubringen.[9]
Der heroische Moment der Landung von Menschen auf dem Mond wurde auf der Neujahrskarte aus Eisenkunstguss mit vielen Details festgehalten, denke man nur an den Schuhabdruck von Armstrong oder auch Aldrin, der den Beginn einer neuen Ära der Geschichte für viele symbolisiert.
Text: Mag. Verena Lang
Literatur:
Forschler, Anne: Glück Auf! Eiserne Neujahrskarten der preußischen Gießereien. In: Kunstgewerbemuseum
Müller, Bernd: Neujahrsplaketten, – medaillen und –karten. In: Weltkunst – Die Zeitschrift für Kunst und Antiquitäten, Heft 17. Berlin – 1987. S. 2258-2262.
Stummann-Bowert, Ruth: Eisenkunstguss. Büsten – Statuetten – Medaillen – Medaillons – Gemmen – Plaketten – Wohngerät – Schmuck – Holzmöbel. Die Sammlung der Buderus Aktiengesellschaft Kunstguss-Museum in Hirzenhain. Wetzlar – 1984.
Weblinks:
http://www.buderus-kunstguss.de/sixcms/detail.php?id=2658146&template=rtp_bildp… vom 22.7.2013
[1] Vgl. http://www.buderus-kunstguss.de/sixcms/detail.php?id=2658146&template=rtp_bildp… vom 22.7.2013
[2] Vgl. Forschler, Glück Auf!. S. 62ff.; Müller, Neujahrsplaketten, -medaillen und –karten. S. 2258ff.
[3] Vgl. Stummann-Bowert, Eisenkunstguss. Die Sammlung der Buderus Aktiengesellschaft. S. 192f.
[4] Vgl. Siefarth, Geschichte der Raumfahrt, S. 9ff.
[5] Vgl. Siefarth. S. 13-17.
[6] Vgl. Siefarth. S. 20ff.
[7] Vgl. Ebda. S. 45f.
[8] Vgl. Ebda. S. 47-52
[9] Vgl. Ebda. S. 48