Hanumān – Eine hinduistische Affengottheit als Vorhangschloss
„Der Glaube kann Berge versetzen.“ Dieses Sprichwort hört man heutzutage noch sehr häufig. Für einen Menschen ist dies wirklich nur im Kopf möglich, physisch schaffen wir das natürlich nicht. In Legenden und Mythen trifft man jedoch auf Halbgötter, Helden und andere übernatürliche Wesen, die zu solch einer Tat körperlich in der Lage sind. Einer davon ist der hinduistische Affengott Hanumān, der gleich einen ganzen Berg aus dem Boden reißt, um diesen seinem Gebieter Rāma zu bringen. Warum er das tut, was Hanumān sonst noch geleistet hat und welche Verbindung zur Welt von Schloss und Schlüssel besteht, wird in diesem Monat anhand des Objekts des Monats thematisiert.
Das Objekt
Vorhangschloss aus Eisen und Messing mit Drehschlüssel, Indien, 19. Jh.
Inv.-Nr. 8161; Maße: 12,5 x 10 x 1,8 cm
Diesen Monat wird ein asiatisches Vorhangschloss aus den Beständen der Schell Collection vorgestellt. Bei dem Material, aus dem das Objekt besteht, handelt es sich um Eisen, welches an einigen Stellen Applikationen aus Messing aufweist. Die Form des Vorhangschlosses zeigt die schreitende Gestalt des hinduistischen Affengottes Hanumān. Als übernatürliches Mischwesen hat dieser den Kopf eines Affen, der bei Betrachtung des Schlosses sofort ins Auge fällt. Bei der Kopfbedeckung von Hanumān handelt es sich um eine Art Krone (ev. Topfkrone „Karanda-Mukuta“). Durch feine Linien und kleine Punkte im Eisen – manche mit Gold tauschiert – wird die Kleidung von Hanumān angedeutet. In der rechten Hand hält er eine Keule, die eines seiner typischen Attribute ist. Die Schlagwaffe wird von dem Gott über die Schulter getragen. Der linke Arm ist erhoben und in der Hand trägt Hanumān einen Gegenstand bei dem es sich wahrscheinlich um den sogenannten „Kräuterberg“ handelt. Hanumān ist barfuß mit Ringen um die Knöchel sowie mit einem Affenschwanz dargestellt.
Das Schlüsselloch befindet sich auf Höhe des rechten Oberarms von Hanumān, während der Bügel des Vorhangschlosses von dessen Kopf zur linken Hand verläuft. Mittels eines kleinen Drehschlüssels lässt sich das Schloss öffnen. Was damit versperrt wurde, kann heute leider nicht mehr nachvollzogen werden. Vorhangschlösser in Form von Gottheiten wie Hanumān, Ganesha oder Shiva sind zahlreich in Indien zu finden. Es gab aber nicht nur vollplastische Darstellungen, sondern auch Abbildungen der Gottheiten im Relief auf der Vorderseite des Vorhangschlosses.[1]
2018 wurde das Vorhangschloss in die Abteilung Afrika und Asien der Schell Collection integriert. In der Sonderausstellung „Historische Momente“ im Jahr 2019 repräsentierte das Objekt den Hinduismus mit seiner vielfältigen Götterwelt.
Der Affengott Hanumān und seine Mythen
Hanumān stammt aus der hinduistischen Glaubensvorstellung, die vor allem in Indien und anderen Teilen Asiens verbreitet ist. Der Name des Affengottes wird auch mit „Hanumat“ oder „Hanumant“ angegeben. Übersetzt bedeutet es „der mit dem großen Kiefer“. Ein Mythos über Hanumān erzählt, wie der noch junge Affengott die Sonne packen wollte, denn er glaubte sie sei eine Frucht. Indra, der König der Götter, verärgerte dies sehr und warf seinen Donnerkeil Richtung Hanumān. Dieser fiel zurück auf die Erde und prallte gegen einen Stein. An der scharfen Kante brach sich Hanumān das Kiefer. So kam er zu seinem Namen.[2]
Er gilt als Sohn des Windgottes Vāyu und einer Göttin namens Añjanā. Bei der Mutter Hanumāns handelte es sich um eine sogenannte „apsara“, ein übernatürliches, weibliches Wesen. Añjanā war verflucht ihr Leben als Tochter eines Fürsten der Affen zu fristen. In dieser Gestalt verliebte sich der Windgott in sie und so wurde Hanumān gezeugt. Der Kopf ist jener eines Affen, der menschliche Körper meistens muskulös bzw. mit einem Fell überzogen dargestellt. Auf vielen Abbildungen trägt Hanumān eine Art Keule bzw. einen Streitkolben. Aber auch der Donnerkeil (varja) kann ein Attribut des Affengottes sein. Häufig hält Hanumān eine Hand vor den Mund, was auf seine Verschwiegenheit und Ergebenheit gegenüber seinem Gebieter Rāma hindeutet. Weiters verfügt er über gewaltige, körperliche Stärke, gilt als tapfer und loyal.[3]
Im Epos Rāmāyana spielt Hanumān eine große Rolle im Kampf von Rāma gegen den Dämonen Rāvana. Die Figur des Rāma ist die 7. Inkarnation (Erscheinungsform) des hinduistischen Gottes Vishnu. Der Mythos erzählt, dass der Dämon Rāvana auf der Insel Lanka (heute Sri Lanka) wohnt. Dorthin hat er Sīta, die Gattin von Rāma, entführt. Auf seiner Suche nach Sīta bittet Rāma bei Sugrīva, dem König der Affen, um Hilfe. Dieser stellt ihm ein gewaltiges Heer von Affen unter der Führung seines Ministers Hanumān zur Verfügung. Zuvor war Rāma dem Sugrīva behilflich gewesen, den Thron des Königreichs der Affen zu besteigen und seinen Bruder zu besiegen. Im Epos ist es Hanumān, der seinen König an die Hilfe von Rāma erinnert und dass er nun seinerseits dem Gott zur Seite stehen muss. Das Sanskritwort für „Affe“ lautet „Vānara“ und bedeutet übersetzt „Waldbewohner“. Affen gelten in einigen Teilen Indiens als die Beschützer von Dörfern in Dschungeln und Wäldern.[4]
Der Mythos berichtet von den Taten und Kämpfen Hanumāns, die er dank seiner Stärke alle besteht. Auch der gewaltige Sprung des Affengottes über den Ozean nach Lanka wird im Epos gepriesen. Weiters soll es Hanumān gewesen sein, der dem Heer von Rāma eine Brücke aus Felsblöcken über den Ozean errichtet hat. Es wird erzählt, dass die Kämpfe gegen Rāvana ganze sieben Tage gedauert haben. Am Ende kann Sītā befreit werden und der Palast des Dämonen Rāvana geht in Flammen auf.[5]
Wie eingangs bei der Beschreibung des Schlosses erwähnt, wird Hanumān häufig mit einem
weiteren Symbol dargestellt. Es handelt sich dabei um einen ganzen Berg, den er in einer Hand trägt, der in der Literatur häufig als „Kräuterberg“ bezeichnet wird. In der Schlacht gegen Rāvana gab es viele Verwundete, unter anderem auch Rāma selbst und seinen Bruder. Also sandte man Hanumān aus, um Heilkräuter im Himalaya zu besorgen. Dort angekommen wusste der Affengott aber nicht welche er nehmen sollte. Also riss der starke Hanumān gleich den ganzen Berg aus und trug ihn zurück zu Rāma. So konnte dieser sich die richtigen Heilkräuter an Ort und Stelle aussuchen. Anschließend wurde der Berg von Hanumān wieder zurück auf seinen Platz gesetzt.[6]
Im modernen Indien erfreut sich Hanumān weiterhin großer Beliebtheit, doch auch in Nepal wird der Affengott verehrt. Hier gibt es eine Vielzahl an Statuen, die Hanumān darstellen. Meistens tragen diese einen zinnoberroten Umhang und befinden sich unter einem roten oder goldenen Schirm. Ein Beispiel für solch eine Statue wäre jene in Dhoka, Kathmandu.[7] Manche Statuen von Hanumān aus Indien wiederum stammen bereits aus dem 12. oder 13. Jh. wie jene in Asva (Rajasthan) oder Unakoti (Tripura).[8]
Auch auf alten Münzen und Inschriften trifft man auf den Affengott, wie auf der Rückseite eines Geldstücks aus der 2. Hälfte des 12. Jhs. Hanumān ist hier als Sieger über Dämonen dargestellt auf den Kupfermünzen zu sehen. Doch auch in Gold hat man die Taten von Hanumān geprägt. Auf einer Münze des 11./12. Jhs. ist der Affengott im Flug dargestellt. Was den Bereich der Epigraphik betrifft, so kennt man eine Inschrift aus dem 7. Jh. im Bundesstaat Bihar (Ostindien) mit einem Verweis auf Hanumān. Sie gilt als älteste bislang gefundene. Hanumān wird als Sohn des Windgottes bezeichnet und dient als Vergleich für die Stärke eines Vorfahren des damaligen Königs. Vermehrt finden sich Inschriften mit einem Verweis auf Hanumān im indischen Raum im 11. bzw. 12. Jh.[9]
Wenn man sich die hinduistische Glaubenswelt genauer ansieht, trifft man ein weiteres Mal auf eine Affengestalt. Allerdings handelt es sich nicht um einen übermenschlich starken Gott wie Hanumān. Der Affe dient nämlich als Reittier für die Göttin Vasanta, die im Hinduismus als Göttin des Frühlings gilt.[10]
In China kennt man die Legende von Sun Wukong, der als Affenkönig bezeichnet wird. Laut dem Mythos ist diese Gottheit häufig zu Scherzen aufgelegt und spielt Streiche. Sogar gegen den mächtigen Himmelskaiser lehnt sich Sun Wukong auf und besiegt dessen Armeen. Erst Buddha kann den Affenkönig durch eine List bezwingen und ihn für 500 Jahre bändigen. Hier beginnt die Zeit der Läuterung für Sun Wukong. Er wird von dem Mönch Hsüan Tsang befreit und muss diesen nach Indien begleiten, um dort die heiligen Schriften von Buddha abzuholen. Auf der Reise muss Sun Wukong häufig seine große Stärke bzw. Geschicklichkeit unter Beweis stellen, um den Gefahren am Weg zu trotzen. Die Geschichte trägt den Namen „Die Reise nach Westen“ und zählt zu den klassischen Epen der chinesischen Literatur. Viele Tempel waren Sun Wukong in China aber nicht geweiht, obwohl er im Buddhismus aber auch im Daoismus eine Rolle für die Gläubigen spielte. In Hongkong gibt es beispielsweise noch zwei Heiligtümer. In einem der beiden feierte man am 16. Tag des 8. Monats ein buntes Fest anlässlich des Geburtstages von Sun Wukong.[11] In Japan wird der Affenkönig als Son Goku bezeichnet und hat durch die moderne Adaption des Themas (Manga bzw. Anime Serie „Dragon Ball“; Film „Forbidden Kingdom“, 2008) einen Platz in der heutigen Welt. Weiters sieht man im asiatischen Raum zahlreiche Statuen von Hanumān, die die Bedeutung des Affengottes für die heutige Zeit aufzeigen.
Text: Mag. Verena Lang
Literatur:
Eberhard, Wolfram: Lexikon chinesischer Symbole. Die Bildsprache der Chinesen. Heinrich Hugendubel Verlag – Kreuzlingen/München – 2004.
Galter, Hannes; Scholz, Bernhard: Frühe Hochkulturen. In: Grundzüge der politischen Geschichte des Altertums, Hg. Ingomar Weiler, 2. verb. Aufl. Böhlau Verlag – Wien/Köln – 1995. S. 1-28.
Guter, Josef: Lexikon der Götter und Symbole der alten Chinesen. Handbuch der mystischen und magischen Welt Chinas. Marix Verlag – Wiesbaden – 2004.
Keul, István: Hanuman, der Gott in Affengestalt. Religionsgeschichtliche Versuche und Vorarbeiten, Hrsg. Fritz Graf u.a., Bd. 47. Walter de Gruyter – Berlin/New York – 2002.
Majupuria, T.C.; Kumar, Rohit: Gods and goddesses. An illustrated account of Hindu, Buddhist, Tantric, Hybrid and Tibetan deities. Craftsman Press – Bangkok – 2003.
Schleberger, Eckard: Die indische Götterwelt. Gestalt, Ausdruck und Sinnbild – Ein Handbuch der hinduistischen Ikonographie, 1. Aufl. Eugen Diederichs Verlag GmbH & Co. KG – Köln – 1986.
Schmoeckel, Ingo: Vorhängeschlösser in Asien aus der Sammlung Ingo Schmoeckel. Dreieich-Druck – Oberursel – 2007.
Hanumān – Eine hinduistische Affengottheit als Vorhangschloss
„Der Glaube kann Berge versetzen.“ Dieses Sprichwort hört man heutzutage noch sehr häufig. Für einen Menschen ist dies wirklich nur im Kopf möglich, physisch schaffen wir das natürlich nicht. In Legenden und Mythen trifft man jedoch auf Halbgötter, Helden und andere übernatürliche Wesen, die zu solch einer Tat körperlich in der Lage sind. Einer davon ist der hinduistische Affengott Hanumān, der gleich einen ganzen Berg aus dem Boden reißt, um diesen seinem Gebieter Rāma zu bringen. Warum er das tut, was Hanumān sonst noch geleistet hat und welche Verbindung zur Welt von Schloss und Schlüssel besteht, wird in diesem Monat anhand des Objekts des Monats thematisiert.
Das Objekt
Vorhangschloss aus Eisen und Messing mit Drehschlüssel, Indien, 19. Jh.
Inv.-Nr. 8161; Maße: 12,5 x 10 x 1,8 cm
Diesen Monat wird ein asiatisches Vorhangschloss aus den Beständen der Schell Collection vorgestellt. Bei dem Material, aus dem das Objekt besteht, handelt es sich um Eisen, welches an einigen Stellen Applikationen aus Messing aufweist. Die Form des Vorhangschlosses zeigt die schreitende Gestalt des hinduistischen Affengottes Hanumān. Als übernatürliches Mischwesen hat dieser den Kopf eines Affen, der bei Betrachtung des Schlosses sofort ins Auge fällt. Bei der Kopfbedeckung von Hanumān handelt es sich um eine Art Krone (ev. Topfkrone „Karanda-Mukuta“). Durch feine Linien und kleine Punkte im Eisen – manche mit Gold tauschiert – wird die Kleidung von Hanumān angedeutet. In der rechten Hand hält er eine Keule, die eines seiner typischen Attribute ist. Die Schlagwaffe wird von dem Gott über die Schulter getragen. Der linke Arm ist erhoben und in der Hand trägt Hanumān einen Gegenstand bei dem es sich wahrscheinlich um den sogenannten „Kräuterberg“ handelt. Hanumān ist barfuß mit Ringen um die Knöchel sowie mit einem Affenschwanz dargestellt.
Das Schlüsselloch befindet sich auf Höhe des rechten Oberarms von Hanumān, während der Bügel des Vorhangschlosses von dessen Kopf zur linken Hand verläuft. Mittels eines kleinen Drehschlüssels lässt sich das Schloss öffnen. Was damit versperrt wurde, kann heute leider nicht mehr nachvollzogen werden. Vorhangschlösser in Form von Gottheiten wie Hanumān, Ganesha oder Shiva sind zahlreich in Indien zu finden. Es gab aber nicht nur vollplastische Darstellungen, sondern auch Abbildungen der Gottheiten im Relief auf der Vorderseite des Vorhangschlosses.[1]
2018 wurde das Vorhangschloss in die Abteilung Afrika und Asien der Schell Collection integriert. In der Sonderausstellung „Historische Momente“ im Jahr 2019 repräsentierte das Objekt den Hinduismus mit seiner vielfältigen Götterwelt.
Der Affengott Hanumān und seine Mythen
Hanumān stammt aus der hinduistischen Glaubensvorstellung, die vor allem in Indien und anderen Teilen Asiens verbreitet ist. Der Name des Affengottes wird auch mit „Hanumat“ oder „Hanumant“ angegeben. Übersetzt bedeutet es „der mit dem großen Kiefer“. Ein Mythos über Hanumān erzählt, wie der noch junge Affengott die Sonne packen wollte, denn er glaubte sie sei eine Frucht. Indra, der König der Götter, verärgerte dies sehr und warf seinen Donnerkeil Richtung Hanumān. Dieser fiel zurück auf die Erde und prallte gegen einen Stein. An der scharfen Kante brach sich Hanumān das Kiefer. So kam er zu seinem Namen.[2]
Er gilt als Sohn des Windgottes Vāyu und einer Göttin namens Añjanā. Bei der Mutter Hanumāns handelte es sich um eine sogenannte „apsara“, ein übernatürliches, weibliches Wesen. Añjanā war verflucht ihr Leben als Tochter eines Fürsten der Affen zu fristen. In dieser Gestalt verliebte sich der Windgott in sie und so wurde Hanumān gezeugt. Der Kopf ist jener eines Affen, der menschliche Körper meistens muskulös bzw. mit einem Fell überzogen dargestellt. Auf vielen Abbildungen trägt Hanumān eine Art Keule bzw. einen Streitkolben. Aber auch der Donnerkeil (varja) kann ein Attribut des Affengottes sein. Häufig hält Hanumān eine Hand vor den Mund, was auf seine Verschwiegenheit und Ergebenheit gegenüber seinem Gebieter Rāma hindeutet. Weiters verfügt er über gewaltige, körperliche Stärke, gilt als tapfer und loyal.[3]
Im Epos Rāmāyana spielt Hanumān eine große Rolle im Kampf von Rāma gegen den Dämonen Rāvana. Die Figur des Rāma ist die 7. Inkarnation (Erscheinungsform) des hinduistischen Gottes Vishnu. Der Mythos erzählt, dass der Dämon Rāvana auf der Insel Lanka (heute Sri Lanka) wohnt. Dorthin hat er Sīta, die Gattin von Rāma, entführt. Auf seiner Suche nach Sīta bittet Rāma bei Sugrīva, dem König der Affen, um Hilfe. Dieser stellt ihm ein gewaltiges Heer von Affen unter der Führung seines Ministers Hanumān zur Verfügung. Zuvor war Rāma dem Sugrīva behilflich gewesen, den Thron des Königreichs der Affen zu besteigen und seinen Bruder zu besiegen. Im Epos ist es Hanumān, der seinen König an die Hilfe von Rāma erinnert und dass er nun seinerseits dem Gott zur Seite stehen muss. Das Sanskritwort für „Affe“ lautet „Vānara“ und bedeutet übersetzt „Waldbewohner“. Affen gelten in einigen Teilen Indiens als die Beschützer von Dörfern in Dschungeln und Wäldern.[4]
Der Mythos berichtet von den Taten und Kämpfen Hanumāns, die er dank seiner Stärke alle besteht. Auch der gewaltige Sprung des Affengottes über den Ozean nach Lanka wird im Epos gepriesen. Weiters soll es Hanumān gewesen sein, der dem Heer von Rāma eine Brücke aus Felsblöcken über den Ozean errichtet hat. Es wird erzählt, dass die Kämpfe gegen Rāvana ganze sieben Tage gedauert haben. Am Ende kann Sītā befreit werden und der Palast des Dämonen Rāvana geht in Flammen auf.[5]
Wie eingangs bei der Beschreibung des Schlosses erwähnt, wird Hanumān häufig mit einem
weiteren Symbol dargestellt. Es handelt sich dabei um einen ganzen Berg, den er in einer Hand trägt, der in der Literatur häufig als „Kräuterberg“ bezeichnet wird. In der Schlacht gegen Rāvana gab es viele Verwundete, unter anderem auch Rāma selbst und seinen Bruder. Also sandte man Hanumān aus, um Heilkräuter im Himalaya zu besorgen. Dort angekommen wusste der Affengott aber nicht welche er nehmen sollte. Also riss der starke Hanumān gleich den ganzen Berg aus und trug ihn zurück zu Rāma. So konnte dieser sich die richtigen Heilkräuter an Ort und Stelle aussuchen. Anschließend wurde der Berg von Hanumān wieder zurück auf seinen Platz gesetzt.[6]
Im modernen Indien erfreut sich Hanumān weiterhin großer Beliebtheit, doch auch in Nepal wird der Affengott verehrt. Hier gibt es eine Vielzahl an Statuen, die Hanumān darstellen. Meistens tragen diese einen zinnoberroten Umhang und befinden sich unter einem roten oder goldenen Schirm. Ein Beispiel für solch eine Statue wäre jene in Dhoka, Kathmandu.[7] Manche Statuen von Hanumān aus Indien wiederum stammen bereits aus dem 12. oder 13. Jh. wie jene in Asva (Rajasthan) oder Unakoti (Tripura).[8]
Auch auf alten Münzen und Inschriften trifft man auf den Affengott, wie auf der Rückseite eines Geldstücks aus der 2. Hälfte des 12. Jhs. Hanumān ist hier als Sieger über Dämonen dargestellt auf den Kupfermünzen zu sehen. Doch auch in Gold hat man die Taten von Hanumān geprägt. Auf einer Münze des 11./12. Jhs. ist der Affengott im Flug dargestellt. Was den Bereich der Epigraphik betrifft, so kennt man eine Inschrift aus dem 7. Jh. im Bundesstaat Bihar (Ostindien) mit einem Verweis auf Hanumān. Sie gilt als älteste bislang gefundene. Hanumān wird als Sohn des Windgottes bezeichnet und dient als Vergleich für die Stärke eines Vorfahren des damaligen Königs. Vermehrt finden sich Inschriften mit einem Verweis auf Hanumān im indischen Raum im 11. bzw. 12. Jh.[9]
Wenn man sich die hinduistische Glaubenswelt genauer ansieht, trifft man ein weiteres Mal auf eine Affengestalt. Allerdings handelt es sich nicht um einen übermenschlich starken Gott wie Hanumān. Der Affe dient nämlich als Reittier für die Göttin Vasanta, die im Hinduismus als Göttin des Frühlings gilt.[10]
In China kennt man die Legende von Sun Wukong, der als Affenkönig bezeichnet wird. Laut dem Mythos ist diese Gottheit häufig zu Scherzen aufgelegt und spielt Streiche. Sogar gegen den mächtigen Himmelskaiser lehnt sich Sun Wukong auf und besiegt dessen Armeen. Erst Buddha kann den Affenkönig durch eine List bezwingen und ihn für 500 Jahre bändigen. Hier beginnt die Zeit der Läuterung für Sun Wukong. Er wird von dem Mönch Hsüan Tsang befreit und muss diesen nach Indien begleiten, um dort die heiligen Schriften von Buddha abzuholen. Auf der Reise muss Sun Wukong häufig seine große Stärke bzw. Geschicklichkeit unter Beweis stellen, um den Gefahren am Weg zu trotzen. Die Geschichte trägt den Namen „Die Reise nach Westen“ und zählt zu den klassischen Epen der chinesischen Literatur. Viele Tempel waren Sun Wukong in China aber nicht geweiht, obwohl er im Buddhismus aber auch im Daoismus eine Rolle für die Gläubigen spielte. In Hongkong gibt es beispielsweise noch zwei Heiligtümer. In einem der beiden feierte man am 16. Tag des 8. Monats ein buntes Fest anlässlich des Geburtstages von Sun Wukong.[11] In Japan wird der Affenkönig als Son Goku bezeichnet und hat durch die moderne Adaption des Themas (Manga bzw. Anime Serie „Dragon Ball“; Film „Forbidden Kingdom“, 2008) einen Platz in der heutigen Welt. Weiters sieht man im asiatischen Raum zahlreiche Statuen von Hanumān, die die Bedeutung des Affengottes für die heutige Zeit aufzeigen.
Text: Mag. Verena Lang
Literatur:
Abbildungsnachweis:
Abb. 1-4: Schell Collection, 2020.
Abb. 5: https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Hanuman?uselang=de#/media/File:Hanuman_burns_Lanka_with_tail.jpg
Abb. 6: https://de.wikipedia.org/wiki/Hanuman#/media/Datei:Maruti.JPG
Abb. 7: https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Paintings_of_Sun_Wukong?uselang=de#/media/File:A_Modern_Journey_to_the_West7_detail.jpg
[1] Vgl. Schmoeckel, S. 54.
[2] Vgl. Keul, S. 52; Majupuria und Kumar, S. 13.
[3] Vgl. Keul, S. 52; Schleberger, S. 181f.; Schmoeckel, S. 54.
[4] Vgl. Keul, S. 50; Schleberger, S. 181f.
[5] Vgl. Kurts, S. 24.
[6] Vgl. Schmoeckel, S. 54; Schleberger, S. 182.
[7] Vgl. Majupuria and Kumar, S. 29.
[8] Vgl. Keul, S. 71.
[9] Vgl. Keul, S. 71f.
[10] Vgl. Schleberger, S. 178, 182.
[11] Vgl. Eberhard, S. 17; Guter, S. 12.